Durch die Corona-Krise hat sich in der vergangenen Woche so einiges verändert - so wurden etwa die Spielplätze geschlossen. Foto: dpa

Marbach/Bottwartal - Corona verändert uns. Corona verändert unser Leben. Was bislang selbstverständlich war, darf plötzlich nicht mehr sein. Das Treffen mit Freunden, das Mitfiebern beim Fußballspiel, die Mittagspause im Eiscafé, der Einkaufsbummel, der Besuch der Enkel bei der Oma. Mancher Verzicht fällt schwerer, mancher fällt leichter. Ich muss aber zugeben, schon nach einer Woche auferlegter privater Sozialabstinenz fehlen mir meine Freunde. Gemeinsames Lachen und Zeit verbringen geht natürlich auch am Telefon oder über Whatsapp, aber mir fehlen die Umarmungen, mir fehlt die Nähe.

Vor ein paar Wochen habe ich an dieser Stelle meinem Unmut Luft gemacht, dass sich der Egoismus vieler in ihren Hamsterkäufen zeigt. Von einer Leserin bekam ich in einer Mail verbale Prügel. Doch ich gehe einen Schritt weiter: Dass noch immer viel zu viele so tun, als gäbe es den Virus nicht, ist unverantwortlich. Auf abgesperrten Spielplätzen trafen sich noch Kinder. Im Biergarten saßen noch am Donnerstag Menschen dicht an dicht. Was läuft schief in den Köpfen? Was ist falsch zu verstehen, wenn es heißt, soziale Kontakte meiden und daheim bleiben? Zumindest die, die es können. Denn es gibt Menschen, die sich Tag für Tag den Allerwertesten für uns aufreißen und sich dabei großem Risiko aussetzen. Pflegekräfte, Ärzte, Arzthelfer, Sanitäter, Polizisten, Mitarbeiter in Lebensmittelgeschäften und in Apotheken sorgen dafür, dass wir bestmöglich durch diese schwere Zeit kommen. Und wir? Wir gehen in den bewussten oder unbewussten Widerstand.

Und dann meint Andreas Roll, ehemaliger Kreisrat, Bundestagskandidat und von den Marbacher Grünen abgewählter Ortsvorstand, auch noch im sozialen Netz, die Stimmung anheizen zu müssen, und spricht mit Blick auf eine auch für Baden-Württemberg immer wahrscheinlich werdende Ausgangssperre allen Ernstes von einer „faschistoiden Entwicklung“ und einem „antidemokratischen Ermächtigungsgesetz“. Und ruft uns Medienvertreter zum Widerstand gegen eine „autoritäre und menschenverachtende Politik“ auf. Gleichschaltung führe nie zu Gerechtigkeit und Freiheit, sie untergrabe beides und damit die Demokratie, schreibt der Marbacher in einer Mail an die Redaktion. Geht’s noch? Es geht im Moment weder um Gleichschaltung noch um fehlende Gerechtigkeit. Es geht um unser aller Gesundheit.

Doch es gibt in dieser Krise auch vieles, das Mut macht. Wunderbare Initiativen von Kommunen, Kirchen, Vereinen oder aber von privater Seite aus organisiert. Signale der Menschlichkeit, die für einen Zusammenhalt und für Solidarität stehen. Die Krise birgt die Chance, dass wir zusammenrücken und erkennen, dass wir alle voneinander abhängig sind.