Beim Open Air Poetry Slam am vergangenen Wochenende war die Gegentribüne im Gazi-Stadion (im Hintergrund mit einem Gerüst gesichert. Foto: Lichtgut - Oliver Willikonsky

Die Stuttgarter Kickers sind nach dem Abstieg erneut nicht auf Rosen gebettet. Die Landeshauptstadt übernimmt vom Verein die Video-Wand im Gazi-Stadion, um den Kickers Luft zu verschaffen.

Stuttgart - Die Landeshauptstadt greift den Stuttgarter Kickers unter die Arme. Die Stadt übernimmt „zur Verbesserung seiner Finanzausstattung“ die vom Verein 2015 selbst finanzierte Videotafel im Gazi-Stadion für 376 056,69 Euro. Und sie baut als Stadion-Eigentümer die marode Dachdeckung über der aus Sicherheitsgründen bereits gesperrten Gegentribüne ab. Die Kapazität des Stadions sinkt so lange um 4800 auf rund 6600 Besucher.

Sollten Fans des neuen Regionalligisten auf einen Platz auf dem alten Wall bestehen, werden sie künftig Wind und Wetter ausgesetzt sein. An einen raschen Ersatz der kaputten, 18 Jahre alten Dachplatten, ist jedenfalls bei voraussichtlich siebenstelligen Kosten nicht gedacht. Das Thema werde erst zu den Haushaltsplanberatungen für den Doppeletat 2017/2018 aufgerufen werden können, sagt Günther Kuhnigk, Leiter des Amts für Sport und Bewegung. „Der Gemeinderat muss entscheiden, ob und was für ein neues Dach er will“, sagt Kuhnigk.

Tribüne müsste untersucht werden

In diesem Zusammenhang müsste allerdings auch besprochen werden, ob die rund 30 Jahre alte Tribüne so bleiben soll. „Man würde die Tribüne mit diesem Steigungsverhältnis heute nicht mehr so bauen, und in einen Neubau würde auch die neuesten Erkenntnisse für Versammlungsstätten einfließen“, sagt der Amtsleiter. Ob der Gemeinderat angesichts der sportlichen und finanziellen Talfahrt des Vereins dieses Fass ansticht, ist allerdings unklar. In die neue Haupttribüne flossen, unter besseren Vorzeichen, bis Februar 2015 allein 15 Millionen Euro. Der Abbruch der Holzkonstruktion, die bereits zum U-19 Spiel Italien gegen Portugal mit einem Gerüst gesichert werden musste, soll bis zur Winterpause erledigt sein. Das Hochbauamt schätzt die Kosten auf 228 000 Euro. Die Stahlstützen bleiben stehen. Sie haben keine Mängel und können daher laut Kuhnigk ein ähnliches Dach tragen. Ob sie bei einer veränderten Tribüne noch an der richtigen Stelle stünden, könnte nur mit einer detaillierteren Untersuchung herausgefunden werden. Auch die kostet Geld, dass das Sportamt nicht hat.Bereits der Abbruch und der Kauf der Videotafel müssen aus der Deckungsreserve des Haushalts, einer separaten Kasse für Notfälle, bestritten werden. Allerdings könnte der Gemeinderat nach der Sommerpause einen noch verfügbaren Haushalts-Überschuss von rund 30 Millionen Euro aus dem Jahresabschluss 2015 einsetzen. Die Fraktionen wollen die Parlamentsferien nutzten, um über einen möglichen Nachtragshaushalt mit neuen Investitionen zu beraten. Dazu würde auch der Untersuchungsauftrag für die Gegentribüne im Gazi-Stadion zählen.

Pauschalzahlung erschien SPD zu gering

Während der Abbau der maroden Dacheindeckung im Verwaltungsausschuss am Mittwoch ohne Debatte durchgewinkt wurde, gab es im nicht öffentlichen Teil beim Ankauf der Videowand Fragen. Der Verkauf soll die Finanzklemme der Kickers bessern, denn Fernsehgelder gibt es keine mehr, und die Zuschauerzahlen werden zurückgehen. Mit einem Teil der 376 056,69 Euro sollen dem Vernehmen nach Verbindlichkeiten bei der Stadt abgelöst werden. Der SPD erschien die jährliche Pauschalzahlung von 5000 Euro für die Wand zu gering. Doch auch die Genossen stimmten nach einer Erklärung des Sportamtes dem Kauf zu. Nach dem Wiederaufstieg solle die Pachtzahlung für die Videowand neu verhandelt werden.