Jens Wollenschläger an der Orgel in der Martinskirche. Foto: Alexandra Kratz

Seit mehr als fünf Jahren ist Jens Wollenschläger Kantor der Martinskirchengemeinde in Möhringen. Er ist eine der treibenden Kräfte für den Kauf einer neuen Orgel. Die Musik ist ein wichtiger Teil seines Lebens, dennoch hat er auch noch andere Interessen.

Möhringen - Die Orgel ist sein Leben. Deswegen ist ein Termin fürs Foto mit Jens Wollenschläger auch schnell gefunden. Denn der 36-jährige Kantor der Martinskirchengemeinde kommt sowieso oft zum Proben in die Kirche. Nie so oft, wie er es gerne wollte. Aber dennoch oft genug, als dass die Nachbarn mit gutem Gehör am Oberdorfplatz unter der Woche vormittags oder nachmittags – zwar gedämpft durch die Kirchenmauern – ein Konzert genießen können. Bach, Händel, was auch immer gerade ansteht. Doch für den Interviewtermin schlägt Jens Wollenschläger kein Treffen auf der Empore vor. Bei sich zuhause in Stetten, „im Warmen“, unterhalte man sich besser.

Künstler des Jahres 2010

Beruf und Privates – für einen Kantor ist das nicht immer leicht auseinander zu halten. Feste Arbeitszeiten hat er nicht, viele verbindliche Termine dagegen schon. Nahezu alle haben mit Musik zu tun: Proben, Orgelspielen, Konzerte, Chormusik mit der Kantorei oder mit dem von ihm gegründeten Jugendchor, Klavierunterricht – es gibt wenige Momente am Tag, in denen Wollenschläger nicht mit Noten und Harmonien befasst ist. Zudem ist er unter anderem einer der Orgelsachverständigen der Württembergischen Landeskirche und Cembalist im Stuttgarter Kammerorchester. 2010 kürte ihn eine Fachzeitschrift für Orgelmusik zum Künstler des Jahres. Selbst abends vor dem Schlafengehen setzt er sich oft noch schnell ans Klavier im Wohnzimmer und probiert ein Stück aus.

In der wirklich musikfreien Zeit lernt Wollenschläger Iwrit, die Landessprache Israels. „Ich will eines Tages die Psalmen im Original lesen“, begründet er sein Interesse. Wollenschläger spielt Schach gegen den Computer oder mit seiner Frau eine Runde Tischtennis.

In Brucken im Lenninger Täle angefangen

Seit 2006 ist Wollenschläger in der Möhringer Martinskirchengemeinde Kantor. Damals hatte er gerade sein Studium der Kirchenmusik in Stuttgart abgeschlossen. In Brucken im Lenninger Täle hatte er bis dahin gelebt, war dort neben dem Studium Kantor gewesen. „Eine wunderbare kleine Gemeinde am Fuße des Albtraufs mit einer wunderbaren kleinen Orgel“, sagt Wollenschläger über seine Studentenzeit in Brucken – die Menschen in der Gemeinde zunächst reserviert, nachher sehr herzlich. „Ich war gerne dort.“

Dass es danach Möhringen wurde, war ihm recht: Der Bezirk ist für Wollenschläger Stadt genug, um auf musikalisch aufgeschlossene Menschen zu treffen; zugleich ländlich genug, um seine Gemeindestruktur behalten zu haben. 2010 hat er das Amt des Kantoren in Vollzeit übernommen und leitet seitdem die Martinskantorei. Dass die Planungen für eine neue Orgel in seine Dienstzeit fallen, freut Wollenschläger. „Allerdings bin ich nicht der erste Kirchenmusiker, der über die Orgel klagt“, sagt er.

„Der Zeitpunkt für eine neue Orgel ist günstig“

Schon seine Vorgänger waren unzufrieden mit dem Instrument. Weil die Orgelbauer nach dem Zweiten Weltkrieg auf billiges Material setzten, sind die Folgen der Abnutzung seit Langem zu spüren, manchmal sogar auch zu hören. Nun, wo das Kirchendach renoviert, die Außensanierung lange abgeschlossen, das neue Waldheim gebaut ist, „war der Zeitpunkt günstig, um für eine neue Orgel zu werben“. Schließlich sei die Kirchenmusik in der evangelischen Kirche der Predigt als Verkündigung des Evangeliums gleich gesetzt.

Seit er 13 Jahre alt ist, sitzt Wollenschläger an der Orgel. In Landau in der Pfalz geboren, spielte er in seiner Heimatgemeinde an der Orgel. Treibende Kraft war seine Großmutter. „Der Bub ist musikalisch“, befand sie und überzeugte die Eltern. Später kam Wollenschläger über die Kantorei seiner Heimatgemeinde zur Kirchenmusik.

Sohn Yannick, den Wollenschläger aus einer früheren Beziehung hat, tritt in Papas Fußstapfen. „In und um Landau spielt er schon“, berichtet Wollenschläger stolz vom Teenager. In Möhringen hat er den Filius aber noch nicht an die Register gelassen. Als Vater sei man immer sehr kritisch. „Aber bald könnte es so weit sein.“