Die Kaninchen sollen die Hindernisse möglichst fehlerfrei überwinden. Foto: factum/Weise

In Renningen läuft die deutsche Kanin-Hop-Meisterschaft. Tierschützer kritisieren die Veranstaltung, weil die Kaninchen außerhalb ihrer natürlichen Umgebung in unnötige Stresssituationen gebracht würden.

Renningen - Es gibt einem viel zurück, und die Bindung zu den Kaninchen wird gestärkt. Sie werden viel zutraulicher.“ Die 24-jährige Tamara Werner aus der Nähe von Coburg betreibt seit mehreren Jahren mit ihren Tieren den Sport Kanin-Hop und ist eine der Teilnehmerinnen bei der deutschen Meisterschaft, die derzeit in der Renninger Rankbachhalle ausgetragen wird. Dabei gibt es drei Disziplinen, die eines gemeinsam haben: Die Kaninchen sollen möglichst fehlerfrei über Hindernisse springen. Am Freitag heißt die Disziplin „Gerade Bahn“, das heißt, die Hindernisse werden in einer langen Reihe hintereinander aufgestellt.

Während das Gros der tierischen Teilnehmer mümmelnd oder ausgestreckt in den Käfigen wartet, springen andere Artgenossen schon über die bunten Hürden. Ihre Halter laufen nebenher. Sie zeigen ihrem Tier an, wann und wo es springen soll. Die Leine muss dabei immer locker bleiben. Die Schiedsrichter passen genau auf: Fällt eine Hindernisstange herunter? Braucht ein Kaninchen die Hilfe seines Halters? All das fließt in die Bewertung ein. Aber wie viele Tiersportarten ist auch Kanin-Hop nicht unumstritten.

Tierschutzorganisationen kritisieren vor allem die Bedingungen bei Wettbewerben, bei denen die Kaninchen außerhalb ihrer natürlichen Umgebung in unnötige Stresssituationen gebracht würden. Auch die Verletzungsgefahr ein Thema. Kai Sander vom Bundesverband der Rassekaninchenzüchter, Ausrichter der Kanin-Hop-Meisterschaft, argumentiert dagegen und verweist unter anderem auf die strengen Regularien in diesem Sport und bei den Turnieren.

Auf die Körpersprache der Tiere achten

„Jeder negative Umgang mit den Tieren, wie das Ziehen an der Leine, wird sofort bestraft bis hin zur Disqualifikation“, so Sander. Schon beim Training in den Vereinen werde strikt darauf geachtet, den Haltern zu vermitteln, auf die Körpersprache ihrer Tiere zu achten: „So erkennt man, wann diese etwas möchten oder nicht möchten.“ Ängstliche Tiere kämen gar nicht erst in eine Wettbewerbssituation. Tatsächlich wirken die Kaninchen in den Käfigen am Freitag entspannt, liegen lang ausgestreckt da oder fressen etwas von ihrem Heu. „Ein Kaninchen, das gestresst ist, kauert sich in der hintersten Ecke zusammen“, erklärt Sander. Vor jedem Turnier gebe es außerdem eine Klassenprüfung. „Wenn wir merken, ein Tier ist mit den Aufgaben überfordert, wird es nicht zugelassen. Unserer Verantwortung sind wir uns schon sehr bewusst.“

Die Tierschützer lassen diese Argumente nicht gelten. „Kaninchen sind Fluchttiere. Wenn sie Angst bekommen, können sie unerwartet losrennen und einen Unterschlupf suchen“, heißt es zum Beispiel vom Deutschen Tierschutzbund. „Geschirr und Leine können sie dann daran hindern, schnell zu fliehen.“ Dabei bestehe die Gefahr einer Verletzung. Auch eine Wettkampfatmosphäre mit fremden Menschen, anderen Kaninchen, ungewohnter Umgebung und lauter Kulisse sorge für Stress. „Die Befürworter glauben, dass sie mit ihren Tieren respektvoll umgehen – und Kanin-Hop betreiben, um ihre Tiere sinnvoll und artgerecht zu beschäftigen“, sagt Franziska Tell vom Presseteam des Vereins Kaninchenschutz. „Doch Abwechslung bietet man seinem Tier besser auf eine Weise, die wirklich seinem Naturell entspricht.“

Bewegung tut den Kaninchen gut

Nach Kai Sanders Erfahrung sind Kaninchen, die beim Kanin-Hop teilnehmen, zufriedener als die, die nur in ihrem Gehege sitzen. „Die meisten Kaninchenkrankheiten gehen auf zu viel Essen und mangelnde Bewegung zurück.“ Gegen zusätzliche Bewegung haben die Tierschützer nichts einzuwenden. Diese solle aber im gewohnten Umfeld und ohne Leine und Geschirr stattfinden. „Besser ist es, den Tieren zu Hause genügend Auslauf und Platz zu bieten“, so der Tierschutzbund. Es spreche auch nichts dagegen, im Garten ein paar Hindernisse aufzustellen. „Dann können die Kaninchen nach Lust und Laune selbst entscheiden, ob sie darüber springen möchten oder nicht.“

Was Kai Sander vermisst, ist der Austausch: „Ich biete Kritikern immer an: Kommt doch beim Training oder bei einem Turnier vorbei, und macht euch selbst ein Bild.“ Dann könne man vor Ort miteinander sprechen und vielleicht auch etwas voneinander lernen. Leider werde dieser Vorschlag kaum angenommen. In Renningen gäbe es noch bis Sonntag die Gelegenheit dazu.