Sebastian Turner ist am Samstag auf dem Parteitag der Stuttgarter CDU als Kandidat für die Stuttgarter OB-Wahl im Herbst nominiert worden. Foto: dpa

Turner ist auf dem Parteitag der Stuttgarter CDU als Kandidat für die OB-Wahl nominiert worden.

Stuttgart - Der parteilose Sebastian Turner ist am Samstag auf dem Parteitag der Stuttgarter CDU als Kandidat für die Stuttgarter OB-Wahl im Herbst nominiert worden. Der 45-jährige Unternehmer erhielt in geheimer Wahl 462 Stimmen. Der ehemalige Sozialminister Andreas Renner (CDU) erhielt nur 231 Stimmen.

„Ich bin überwältigt von diesem Ergebnis“, sagte Turner nach seiner Wahl. Er freue sich jetzt auf die „spannende und interessante Zeit“ bis zur OB-Wahl. Der erste Wahlgang findet am 7. Oktober statt. „Wir packen es“, versprach Turner. Sein Konkurrent Renner sagte, er habe „keine bittere Neiderlage“ erlitten, schließlich habe der interne Wettbewerb der CDU genutzt. Mit Blick auf Turner sagte Renner: „Den größten Sieg hat er heute eingefahren – doch der nächste Sieg wird schwerer.“

Alexander Kotz, Chef der CDU im Gemeinderat, freute sich über das „deutliche Votum“ der CDU-Basis. „Das gibt uns Rückenwind“, sagte Kotz. „Wir wollen nicht nur die OB-Wahl gewinnen, sondern auch 2014 bei der Kommunalwahl wieder die stärkste politische Kraft in Stuttgart werden.“ CDU-Landeschef Thomas Strobl erklärte nach der Wahl, mit Turner habe die Partei einen exzellenten Kandidaten, der „für Menschen aus allen Teilen der Bevölkerung wählbar ist“.

Vor Wahl sorgt Brief von Rommel für Wirbel

Für Diskussionsstoff auf dem Parteitag hatte ein Brief gesorgt, der eine knappe Stunde vor Beginn der Veranstaltung im Saal verteilt wurde. Darin sprach sich Stuttgarts Alt-OB klar für Turner aus. „Er ist ein unabhängiger Kopf, der mit neuen Ideen die Stadt voranbringen kann“, so Rommel. Auch der jetzige OB Wolfgang Schuster (CDU) ließ in seinem Grußwort deutliche Sympathien für Turner durchscheinen. „Wir können mehr Demokratie wagen“, sagte Schuster mit einem leicht abgewandelten Zitat des früheren SPD-Kanzlers Willy Brandt.

In seiner Bewerbungsrede hatte Turner mit Blick auf Stuttgart 21 erklärt, es sei „Zeit, die Stadt zu versöhnen“. Er wolle die Leidenschaft und das Engagement vieler Bürger im Streit um das Bahnprojekt nutzen, um Stuttgart zur „Bürgerstadt“ zu entwickeln. Künftig sollten alle großen Entscheidungen vorher mit allen Bürgern besprochen werden. In der Fragerunde an die beiden Kandidaten hatte Turner auch zum Vorwurf Stellung genommen, dass er über keinerlei Erfahrung mit Kommunalpolitik oder öffentlicher Verwaltung verfügt. Als OB müsse man mehr „führen, Impulse geben sowie Ziele setzen und überprüfen“, sagte Turner. Er wolle die Aufgabe als OB nicht aus der Perspektive der Verwaltung, sondern „aus der Perspektive der Bürger“ angehen.

Turner: "Es ist von Vorteil, dass ich nicht aus dem Politikbetrieb komme"

Renner hatte in seiner Bewerbungsrede vor allem auf seine beruflichen Erfahrungen als OB von Singen und als Sozialminister verwiesen sowie seine lange Karriere innerhalb der CDU hingewiesen. Turner hatte hingegen erklärt, dass es bei der OB-Wahl von Vorteil sei, dass er nicht aus dem Politikbetrieb komme. Als Überparteilicher könne er eher Stimmenpotenziale jenseits der CDU, also bei FDP, Freien Wählern oder der SPD, gewinnen. Das sei auch nötig, um die Wahl zu gewinnen. Die CDU alleine erreiche mit ihrem Potenzialen nur ein Drittel der Stimmberechtigten.

Zwischen dem früheren CDU-Sozialminister Renner und dem parteilosen Unternehmer Turner hatte es in den letzten Wochen einen scharfen Wettbewerb gegeben. Renner musste sich gegen den Vorwurf wehren, er habe in einem Lebenslauf fälschlicherweise einen akademischen Master-Titel geführt. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart erkannte einen strafbaren Titelmissbrauch, stellte das Verfahren jedoch gegen eine Geldauflage in Höhe von mehreren Tausend Euro ein. Der 52-jährige Renner sprach von einem „dummen Fehler“. Auf dem Parteitag beteuerte er erneut, dass er mit der Angabe des Masters „keinen Titel suggerieren“ wollte.

Der 45-jährige Turner hatte zuletzt mit einer repräsentativen Umfrage für Aufsehen gesorgt. Darin sagten 60 Prozent der Befragten, dass es „ein Vorteil“ wäre, wenn der nächste OB in Stuttgart keiner Partei angehört. Die Umfrage, für die der frühere Chef einer Berliner Werbeagentur etwa 5000 Euro aus eigener Tasche bezahlt hatte, fand Anfang März statt. Die Grünen hatten bereits am Donnerstag nahezu einstimmig den Bundestagsabgeordneten Fritz Kuhn als OB-Kandidaten nominiert. In Turners Umfrage lag der 56-jährige Kuhn jeweils knapp vor den beiden CDU-Konkurrenten Turner und Renner.