Ein Wasserflugzeug landet auf dem Lac Tremblant. Farbenprächtig - so präsentiert sich der sogenannte Indian Summer in den Wäldern Kanadas. Foto: Eichler

Nur zwei Stunden nördlich von Montreal sind die Laurentides ein großer Abenteuerspielplatz. Jetzt beginnt bald der Indian Summer.  

Montreal - Die Startbahn ist nass. Nicht vom Regen, sondern von Natur aus. Im Schongang gleitet der kleine Flieger auf zwei Kufen über die spiegelglatte Oberfläche des Sees mit dem Namen Lac Tremblant. Noch ein aufmunterndes Nicken Richtung Passagiere, dann gibt Jean Heppell Gas. Der Motor röhrt auf, der Propeller zerhackt wirbelnd die Luft, dann, unmerklich fast, steigt die kleine De Havilland Beaver auf zu ihrem Rundflug über die Laurentides. „Die Wiederentdeckung der Natur“ - dieses Credo kann Monsieur Heppell auf diese Art ziemlich eindrucksvoll verwirklichen. „Natürlich ist es schön, tagelang durch Wälder oder über Seen zu ziehen“, brüllt er durch den Fluglärm, „aber nur aus der Luft bekommt man einen Eindruck von der Weite und Unberührtheit der Wildnis.

Abgesehen davon, dass man viele tolle Plätze nur mit dem Wasserflugzeug erreicht.“ In der Tat: Kaum zieht Jean am Ende des Sees in eleganter Kurve über eine Bergflanke, tun sich Mischwaldwälder auf bis zum Horizont. Über und über gesprenkelt mit tiefblauen Perlen: ein wunderbarer Kontrast zum bunten Laub. Kurz über Baumwipfelhöhe blitzt vereinzelt ein Chalet durch die Bäume. Mal ein Boot am Steg, zuweilen ein Blockhaus auf winzigem Inselchen - so mag Kanada der Jugend-Abenteuerträume aussehen. Gerade mal zwei Stunden nördlich von Montreal ist es plötzlich überwältigend real. Natur ohne Ende, die hier sorgsam gehütet wird.

Eine exzellente Outdoor-Spielwiese

Der Parc National du Mont-Tremblant ist Teil eines gewaltigen Schutz-Netzwerks, das allein in der Provinz Québec mit 75 000 Quadratkilometern größer ist als Irland. Und zudem eine exzellente Outdoor-Spielwiese. Allein im Tremblant Parc locken 500 Seen zu ausgiebigen Kanutouren, zum Schwimmen, Fischen, Jagen und zu Rustikal-Camping. Zurück im Hotel. Der Club Tremblant ist das älteste Haus am See und das einzige auf seiner Südwestseite. Magnetisch fast saugt sich der Blick von hier aus fest am 1000 Meter hohen Mont Tremblant und dem Urlaubszentrum zu seinen Füßen. „Noch vor 20 Jahren gab es hier niemanden außer uns“, erzählt Pierre, „heute ist Mont Tremblant das Whistler Ostkanadas - ein Abenteuerspielplatz für alle Jahreszeiten.“ Die neue Konkurrenz stört ihn nicht.

„Wir sind und bleiben einzigartig durch die Lage, das Panorama und die Old-Fashion-Atmosphäre.“ Wohl wahr. Im 100 Jahre alten Blockhaus, dem Herzstück des Hotels, befindet sich heute die Bar - und der Drink nach dem Lunch unterm riesigen Elchkopf mit Blick auf den im Gegenlicht gleißenden See und die zerfurchten Flanken des Berges. Das hat schon was. Dem Mont Tremblant geht es am Nachmittag zu Leibe, doch die eigentliche Herausforderung heißt Virginie Larouche. Was immer man anstellen kann in Kanadas unendlichen Weiten, die zierliche Powerfrau tut es mit Hingabe und Ausdauer: Als Hundeschlittenführerin hat sie bei den Inuit im hohen Norden gejobbt, als Cowgirl längere Zeit auf einer Farm. Skier, Schnee- und Schlittschuhe sind ihr praktisch an den Füßen festgewachsen, mit Kanu und Mountainbike ist sie oft tagelang in der Wildnis unterwegs. Mit dieser Überfrau nun geht es hinauf zum Mont Tremblant. „Mal schauen, was ihr Weicheier so draufhabt“, lacht Virginie, dass ihre wilden Locken tanzen.

„Dann explodieren die Farben“

Um es kurz zu machen: Ihre Schäfchen brauchen zwei Stunden und sind am Gipfel schwer kaputt. Aber so vergnüglich war eine Wanderung selten, und oben gibt es doppelten Lohn: Eine fantastische Sicht auf die herbstliche Kulisse des Parks und eine Flugshow mit dem Falken Amigo, der Graueule Mozart, dem Weißkopfadler Elvis und dem Schwarzgeier Einstein. Den perfekten Indian Summer mit seiner intensiven Blattfärbung, für den gerade die Laurentides berühmt sind, gibt es nur dann, so erklärt Virginie, wenn kalte Nächte mit sonnigen Tagen wechseln. „Dann explodieren die Farben.“ Rein biochemisch betrachtet stoppen die ersten Nachtfröste die Nährstoffproduktion in den Blättern. Das für das Grün der Blätter zuständige Chlorophyll (Blattgrün) entweicht, Gelb und Orange kommen zum Vorschein.

Das Rot des Ahorns wiederum entsteht, weil der nächtliche Frost den Zucker im Blatt festhält. Je mehr Zucker sich dort sammelt, desto intensiver fällt die Färbung der Blätter aus. Apropos Zuckerahorn: Gut zwei Drittel der Weltproduktion von Ahornsirup werden in Quebec erzeugt. Hunderte von kleinen Hütten liegen in den Ahornwäldern versteckt. Dort wird von Mitte März bis Ende April den Bäumen der süße Saft abgezapft. Es sind zumeist Familienbetriebe wie La cabane à sucre von Monique Milette, die bereits in fünfter Generation ihre „Zuckerhütte“ in der Nähe des Mont Tremblant betreibt. Das ganze Jahr über kann man bei Monique die Qualität des Vitamin-C-reichen Safts testen, den schon die Indianer als Heilmittel gegen Skorbut sowie als Süßstoff schätzten und den die weißen Siedler darüber hinaus in vielen Kochrezepten verwendeten.

So wird das Wetter für die Weltreise

Infos zu Kanada

Anreise
Täglich zum Beispiel mit Air Canada, www.aircanada.com , von Frankfurt nach Montreal, Zubringer von allen deutschen Flughäfen. Mietwagen ab Flughafen (ca. 2 Stunden bis Mont Tremblant).

Unterkunft
Club Tremblant Hotel du Lac, ÜF 90 Euro pro Person/DZ, www.hoteldulac.ca ; Le Chantecler in Sainte-Adèle, ab 69 Euro pro Person/DZ, www.lechantecler.com ;

Gite Coup de Coeur in Lac Nominingue, rustikales Bed-&-Breakfast-Blockhaus mit den sehr herzlichen Gastgebern Marc und Veronique, ÜF 50 Euro pro Person/DZ, www.gitelecoupdecoeur.com .

Laurentides
Die Laurentischen Berge nördlich von Montreal sind Sommerfrische, Wochenenderholungs- und Abenteuerspielplatz für die Einwohner der Metropole. Ein Hotspot für den Indian Summer im September/Oktober (rechtzeitig Reservierungen vornehmen!) und eine der besten Regionen für die Produktion von Ahornsirup. Ausgezeichnete Gastronomie.

Aktivitäten
Saint-Sauveur-des-Monts: Mischung aus verrückter Künstlerkolonie und deutschem Luftkurort, reges Nachtleben.

Sainte-Adèle: Viele Künstlergalerien. Val-David: Entspannte Atmosphäre in Künstlerkneipen und Terrassenrestaurants; ideal für Kanufahrer, Felskletterer, Wanderer, Biker.

Sainte-Agathe-des-Monts: Tummelplatz des Geldadels. Prächtige Sommerresidenzen amerikanischer Filmproduzenten und kanadischer Industrieller;

Mont Tremblant: Größtes und bestes Skigebiet Ostkanadas, internationales Publikum (viele New Yorker), entsprechend reges Nachtleben.

Allgemeine Informationen
www.bonjourquebec.com , www.laurentians.com , www.parcsquebec.com , www.delcoaviation.com , www.tremblant-sugar-shack.com .

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