Entführungsopfer Natascha Kampusch im Januar 2007 in einem TV-Interview Foto: dpa

Der Entführer der Österreicherin Natascha Kampusch hat seine Tat alleine begangen. Die Behörden schlossen die sogenannte Mehrtäter-Theorie zum gegenwärtigen Kenntnisstand aus.

Wien - Der Entführer der Österreicherin Natascha Kampusch hat seine Tat alleine begangen. Die Behörden schlössen die sogenannte Mehrtäter-Theorie zum gegenwärtigen Kenntnisstand aus, sagte der Chef der Wiener Oberstaatsanwalt, Werner Pleischl, am Freitag auf einer Pressekonferenz. Zuletzt hatte ein Freund - Ernst H. - des Kampusch-Entführers Wolfgang Priklopil im Verdacht gestanden, womöglich an der Tat beteiligt gewesen zu sein. Die österreichischen Behörden hatten nach Ermittlungspannen den Entführungsfall erneut untersucht.

Mit ihrem Bericht an die Öffentlichkeit, der nicht viele neue Informationen enthielt, wollten die Behörden alle Gerüchte zerstreuen, die sich inzwischen um den Fall ranken. "Es ist jetzt an der Zeit, mit den Spekulationen, mit den Interpretationen Schluss zu machen", sagte Kurt Linzer vom österreichischen Bundeskriminalamt. In mittlerweile 10.000 Arbeitsstunden seien selbst die skurrilsten Hinweise und anonymen Behauptungen überprüft worden.

Nach den Erkenntnissen der Staatsanwälte hat Priklopil weder Kampusch noch ihre Angehörigen vorher gekannt, sondern sich das Mädchen zufällig ausgesucht. Hintergrund der Tat war wohl eine Art "Lebenskrise" des als Einzelgänger beschriebenen Entführers. Er habe sich zu der Zeit mehr auf sein Privatleben als auf seine Arbeit konzentrieren wollen und erkannt, dass er wohl nie eine Frau finden werde. Daraufhin habe er beschlossen, sich seine Partnerin von einem Kind quasi "selbst zu erschaffen".

Der zuletzt immer wieder ins Visier der Ermittlungen gerückte Priklopil-Freund Ernst H. war nach Angaben der Behörden mehr ein Geschäftspartner. Er habe zwar viel Kontakt mit dem Kidnapper gehabt, beide Männer hätten aber - auch nach der Aussage Kampuschs - kaum über Privates gesprochen. Ermittlungen gegen ihn wegen Beteiligung an der Tat seien eingestellt, es gebe gegen ihn aber wegen eines anderen Verdachts womöglich Strafverfahren. Ernst H. hatte erst kürzlich entgegen bisheriger Aussagen gestanden, kurz nach der Flucht von Kampusch von Priklopil von der Entführung erfahren zu haben.

Priklopil hatte Kampusch 1998 als zehnjähriges Mädchen auf dem Weg zur Schule entführt. Achteinhalb Jahre blieb das Kind verschwunden. Der Kidnapper hielt Natascha in einem Kellerverlies unter seiner Garage gefangen. Die Wände waren schalldicht, Fenster gab es keine. Am 23. August 2006 gelang der mittlerweile 18-Jährigen die Flucht. Noch am gleichen Tag nahm sich der gelernte Nachrichtentechniker Priklopil das Leben - er warf sich vor einen Zug.