Handy am Fußgelenk: Dort misst die App die Reaktionsgeschwindigkeit. Foto: z

Nach dem Corona-Schock hat „Fight and Fun“-Betreiber „Lalli“ Emmanouilidis Großes vor.

Kornwestheim - Rund zwei Tage hat Lazaros „Lalli“ Emmanouilidis gebraucht, um die neue Situation zu erfassen. Zwei Tage, in denen er nachts aufwachte und sich fragte, ob das eigentlich alles nur ein Scherz sein und – falls nicht – wie es denn nun weitergehen soll? Zwei Tage war seine Kampfsportschule „Fight and Fun“, deren Wettkampmannschaft „Team Lalli 1“ unter den Fittichen des SV Kornwestheim antritt, da aufgrund der Corona-Pandemie schon geschlossen. Doch trotz aller Ungewissheit und aller gefühlter Existenzangst sagt er nun: „Die Krise kam uns zu 100 Prozent gelegen, wenn man das überhaupt so ausdrücken kann.“

Denn Lalli hat die Zeit genutzt. Gemeinsam mit Prof. Dr. Christian Becker-Asano hat er eine App entwickelt, auf die er größte Stücke hält. Der „Reaction Counter“, was übersetzt soviel heißt wie „Reaktionszähler“, soll das Kampfsporttraining auch zuhause ermöglichen – und zwar weitab jenseits simpler Übungsfilmchen, in denen ein Experte zeigt, wie etwa ein spezieller Bewegungsablauf funktioniert. „World Champions entwickeln sich nicht über Videos“, sagt Lalli.

Aber zunächst: Wie kommt der „Fight and Fun“-Inhaber an einen Fachmann der Robotik und Künstlichen Intelligenz, wie Becker-Asano einer ist? Ganz einfach: „Seit zweieinhalb Jahren trainiert sein Sohn bei uns und wir haben uns oft unterhalten“, berichtet Lalli. „Die Familie wohnt in Kornwestheim und der Professor arbeitet an der Hochschule der Medien in Stuttgart.“ Innerhalb von 14 Tagen gebar die Zusammenarbeit eine App, die die Reaktionsschnelligkeit der Nutzer messen kann – kampfsportspezifisch.

Dabei richtet sich das Programm nicht lediglich an Wettkampfathleten. „Es ist auch für den Breitensport geeignet“, betont Lalli. So könne der Freizeitsportler bei den einzelnen Aktionen stets versuchen, seine eigenen Bestzeiten zu unterbieten. „Und Leuten wie unserem mehrfachen Weltcupsieger Sandro Peters zum Beispiel hilft es dabei, ihre Technik zu perfektionieren“, so der „Fight And Fun“-Betreiber.

Ein virtueller Ringrichter gibt das Kommando, nachdem der Nutzer sein Smartphone, befestigt an Arm oder Bein, einige Sekunden komplett ruhig gehalten hat. Dann geht es los. „Natürlich kommen wir momentan auch nicht drumherum, Erklärfilmchen aufzunehmen“, so Lalli, der bekräftigt: „Die App soll jedem helfen.“ Bislang wartet man allerdings noch auf die endgültige Freigabe des App-Portals von Google. Eine Version für Apple-Geräte ist in Planung. „Fight And Fun“-Mitglieder können sie aber bereits nutzen. Ist es einmal für jeden herunterladbar, soll das Programm zunächst auch gratis bleiben. „Wie wir es dann nach und nach ausbauen, darüber machen wir uns aber auch schon Gedanken“, sagt der Kampfsport-Coach. Denkbar sei etwa die Möglichkeit, sich mit anderen zu vernetzen und so in eine Art Wettbewerb treten zu können.

Ums Geld geht es Lalli dabei nur sekundär. „Die Hauptsache ist, ich kann meine Mitglieder weiterhin bedienen“, sagt er. „Ich will ihnen die Möglichkeit geben, von zuhause aus im Training dabei zu bleiben.“ Doch natürlich fürchtet sich auch der gebürtige Ludwigsburger vor den Auswirkungen der aktuellen Situation. Er hofft, dass der Großteil seiner etwa 200 Mitglieder nun nicht die Beitragszahlungen einstellt oder Geld zurückfordert.

Dennoch strotzt Lalli vor Optimismus. „Da kommt meine Vergangenheit ins Spiel, ich bin Krisen gewohnt“, sagt er. Nach einer zweifachen Krebserkrankung seiner Ehefrau hätten er und seine Familie gelernt, mit schwierigen Lagen umzugehen. „Ich war einer der wenigen, der auch jetzt positiv geblieben ist. Andere haben mich schon gefragt, was denn mit mir los sei?“

Nun hofft er also, dass sich die App herumspricht. Hoffnung darauf macht, dass sich Lalli laut eigener Aussage schon mit „großen Sportartikelherstellern“ ausgetauscht hat. „Ich kenne zum Beispiel noch keine Pratze mit Handyhalterung“, sagt er und lacht. Auch der deutsche Ableger des Weltverbands Wako sowie die Wako-Landesverbände seien schon über die App informiert.