Das Gründerteam von Firstbird: Daniel Winter, Matthias Wolf, Arnim Wahls (v.l.). Foto: Fabshoot.me

Viele Firmen lassen sich die Mitarbeitersuche viel Geld kosten. Das Start-up Firstbird will die Kollegen mit einspannen, den Prozess digitalisieren und damit besser als klassische Personalvermittler sein.

Heilbronn - Gute Mitarbeiter zu finden, kann ein echtes Strategiespiel sein: Das macht das Start-up-Unternehmen Firstbird in einem Werbeclip auf seiner Webseite deutlich. Es zeigt einen Mann im Business-Look, der gegen sich selbst Schach spielt und daran verzweifelt. „Der Kampf um die besten Talente ist real“, heißt es in einer der Einblendungen. Firstbird will Unternehmen helfen, diesen Kampf zu gewinnen. Und zwar, indem das Rekrutieren von Mitarbeitern digitalisiert und in soziale Netzwerke getragen wird. Vor allem mittelständische Unternehmen könnten davon profitieren. „Die haben verhältnismäßig weniger Zulauf als die Weltkonzerne, zu denen alle Hochschulabsolventen wollen“, sagt Arnim Wahls. Darum drängt das Start-up aktuell vor allem in den Arbeitsmarkt von Baden-Württemberg und Bayern, wo Firstbird aufgrund der Wirtschaftskraft großes Potenzial sieht.

Arnim Wahls kommt aus dem Schwarzwald, studierte Wirtschaft in Heilbronn. Zusammen mit Daniel Winter und Matthias Wolf hat er das Unternehmen 2013 in Wien gegründet. Wahls macht keinen Hehl daraus, dass seine Plattform durchaus als Herausforderung an die so genannten Headhunter verstanden werden darf. Er glaubt, dass Unternehmen beim Recruiting bessere Ergebnisse erzielen können, wenn sie ihre eigenen Mitarbeiter in die Personalwerbung miteinbeziehen. In der Praxis läuft das dann so: Firstbird stellt Unternehmen seine Infrastruktur zur Verfügung. Dann erhalten die Mitarbeiter Anfragen, ob sie die Personalabteilung gegen Erfolgsprämien als sogenannte Privatrekrutierer unterstützen wollen. Dazu teilen die Mitarbeiter Stellenausschreibungen ihres Unternehmens in ihren sozialen Netzwerken, um dort nach geeigneten Kandidaten zu suchen. Besonders in der IT-Branche und im sozialen Bereich, wo Mitarbeitermangel herrscht, soll diese Strategie zum Erfolg führen.

Investoren stärken den Rücken

Dass Mitarbeiter selbst Mitarbeiter für ihr Unternehmen werben, ist nicht neu. Es ist sogar ein Trend. Laut einer aktuellen Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg ist die Zahl der Neueinstellungen, die über persönliche Kontakte vermittelt wurden, in den vergangenen fünf Jahren deutlich gestiegen. Waren es 2012 nur 25 Prozent, die über Empfehlungen an Stellen kamen, ist es heute ein Drittel aller Bewerber, die so an ihren Job kommen.

Arnim Wahls will diesen Trend mit Firstbird „systematisieren“, wie er sagt. Er glaubt, dass er dadurch einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Jobbörsen und dem Einsatz von externen Personalvermittlern hat. „Mitarbeiter sind authentische und glaubwürdige Vermittler, wenn sie auf ihren Bekanntenkreis zugehen“, sagt Wahls.

Das bestätigt auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. „Die höchsten Erfolgsaussichten eine Stelle zu besetzen, bietet auch weiterhin die Personalauswahl anhand von Mitarbeiterempfehlungen“, sagt IW-Ökonomin Andrea Hammermann. Die Mitarbeiter des Unternehmens könnten gut abschätzen ob ein Bekannter, Freund oder Familienmitglied ins Unternehmen passt.

Das will Wahls schon vor einigen Jahren erkannt haben, als er noch in der Personalabteilung einer großen Anwaltskanzlei gearbeitet hatte: „Da mussten wir dringend eine Stelle besetzen. Der Recruiting-Prozess hat 30 000 Euro gekostet. Dabei hatten wir eigentlich bereits einen Draht zu dem neuen Kollegen, den mehrere Mitarbeiter im Unternehmen schon aus ihrer Studienzeit kannten“, sagt Wahls. Kurz darauf gründete er Firstbird.

Die Bilanz nach gut drei Jahren: 2000 Kunden in 17 Ländern – 70 Prozent davon in Deutschland und alleine zehn Prozent in Baden-Württemberg – 30 Mitarbeiter sowie die Unterstützung eines Investmentfonds der Stuttgarter Unternehmerfamilie Kienbaum und Jobcloud, einer der größten Schweizer Jobportale im Internet.

Unternehmen, die die Plattform nutzten, würden 40 bis 60 Prozent ihrer Neuanstellungen über Firstbird abwickeln, so Wahls. Seit Anfang des Jahres sollen 100 000 Jobs über die Firstbird-Software in sozialen Netzwerken verbreitet worden sein. „Wir schreiben schwarze Zahlen“, sagt der Start-up-Gründer.

Personalverantwortliche unverzichtbar

Personalverantwortliche bleiben laut Wahls trotz der Software unentbehrlich: „Ohne Experten in den Personalabteilungen geht es nicht. Nur ihre Tätigkeiten verschieben sich etwas zum Qualitätsmanagement, wenn sie unser Angebot nutzen.“

Das zeigten auch die Rückmeldungen von Betriebsräten, die überwiegend positiv ausfielen. Die Mitarbeiter könnten ihr Arbeitsumfeld personell mitgestalten. „Und bei guten Empfehlungen schaffen es auch Leute mit Lücken im Lebenslauf in Jobinterviews“, sagt Wahls.

Die Gewerkschaften sind weniger euphorisch, was die Digitalisierung der Mitarbeitersuche angeht. „Das wird sicher schneller und damit billiger“, sagt ein Sprecher von Verdi. Er bezweifelt allerdings, dass das Ergebnis besser wird: „Für die Gewinnung von gutem Personal wird man auch künftig Zeit und Energie investieren müssen. Zeit und Energie, die sich, wie alle Personalerinnen und Personaler wissen, mehr als lohnt.“