Australien will Rohstoffpartner des Westens sein. Gleichzeitig fließen australische Minerale nach China – und von dort nach Russland. Der Verteidigungsminister findet nichts dabei.
Australien steckt in einem Dilemma: Während Canberra den Schulterschluss mit den USA sucht, um die Abhängigkeit vom Reich der Mitte zu verringern, profitieren chinesische Firmen von australischen Vorkommen, die Pekings Raketen und Atomprogramme ausstatten. Kürzlich unterzeichnete Australiens Premier Anthony Albanese mit US-Präsident Donald Trump ein 8,5-Milliarden-US-Dollar-Abkommen, das Amerikas Zugang zu kritischen Mineralen sichern soll. Doch eine Recherche des Investigativformats „Four Corners“ des Senders ABC zeigt, dass chinesische Firmen bedeutende Anteile an Zirkonium-Minen in Australien halten – und damit Zugriff auf ein fürs Militär unverzichtbares Metall haben.
China verfügt über weniger als ein Prozent der weltweiten Zirkonium-Reserven. Australien liefert rund 41 Prozent der chinesischen Einfuhren. In einem Papier vom Mai räumte Peking ein, das Land stehe „vor schwerwiegenden Herausforderungen für die Ressourcensicherheit“. Der Grund: Der hohe Schmelzpunkt von Zirkonium – über 1800 Grad Celsius – macht das Metall unersetzlich für Hyperschallraketen, die mehr als fünfmal so schnell wie der Schall fliegen. Außerdem wird sogenannter „Zirkonium-Schwamm“ zur Ummantelung von Brennstäben in Kernreaktoren verwendet – in zivilen und in militärischen Anlagen.
China ist an Australiens Rohstofffirmen beteiligt
Wie chinesische Investoren in Australiens Zirkoniumförderung eingebunden sind, zeigt ebenfalls die „Four Corners“-Recherche. Die australischen Behörden genehmigten Unternehmen mit enger Peking-Verbindung, Hauptanteile an zwei westaustralischen Minen zu halten. Die börsennotierte Image Resources exportiert ihre gesamte Produktion nach China. Größter Anteilseigner ist die chinesische LB Group, die in ihrem Geschäftsbericht auf elf Seiten staatliche Förderungen aufführt. Auch die Thunderbird-Mine bei Broome, die 2022 ein australisches Regierungsdarlehen erhielt, gehört zur Hälfte dem chinesischen Unternehmen Yansteel; auch hier geht die gesamte Produktion nach China.
„Australien ist gesegnet mit Vorkommen der meisten Minerale, die für fortschrittliche Technologien wie künstliche Intelligenz, Mikrochips und erneuerbare Energien entscheidend sind“, sagte Matt Thistlethwaite, stellvertretender Minister für Außenhandel. Die Politik „Future Made in Australia“ solle „die Erträge aus der Förderung dieser Minerale durch nachgelagerte Verarbeitung in Australien maximieren“. In der Praxis aber gehen die Rohstoffe oft ungefiltert nach China. Der Grund:„Australien ist ein Hochkostenland mit strengen Umweltauflagen“, erklärt der deutsche Rohstoffexperte Frank Leschhorn. Außerdem fehle dem Land „Kapital und industrielle Basis für eine tiefere Verarbeitungsindustrie“. Jeder australische Export von strategischen Mineralen werde zu einem möglichen Beitrag für die chinesische Rüstungsindustrie, ergänzt Leschhorn. Es sei angemessen, Exporte mit Kontrollen zu belegen, die möglicherweise für Nuklear- oder Raketenproduktion verwendet werden.
Doch die Widersprüche enden nicht an Chinas Grenze. Laut Daten, die „Four Corners“ von der ukrainischen Denkfabrik Trap Aggressor erhielt, gelangt australisches Zirkonium über China auch nach Russland. Seit Beginn des Ukraine-Krieges 2022 stiegen Chinas Zirkonium-Exporte nach Russland um über 300 Prozent. Auch die LB Group, größter Anteilseigner von Image Resources, lieferte in diesem Zeitraum Zirkonium an Russland. Hauptabnehmer ist die Firma CMP, eine Tochter des Staatskonzerns Rosatom, die Ummantelungen für Brennstäbe und Legierungen für Hyperschallraketen produziert – darunter jene vom Typ Zircon, die Russland in der Ukraine einsetzte.
Verteidigungsminister Richard Marles sieht dennoch keinen Anlass für schärfere Auflagen. „Es gibt andere Quellen für Zirkonium auf der Welt“, sagte er „Four Corners“. Ein Rückzug Australiens würde „nicht bedeuten, dass die militärische Nutzung aufhört“. China sei einerseits Australiens größter Handelspartner und andererseits die größte Quelle für Sicherheitsängste. Sein Fazit: „So ist nun mal die Welt.“