Die FDP sucht nach Neuausrichtung. Und Birgit Homburger sucht ihren Platz in der Partei.

Berlin - Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, wusste schon der Fußball-Weise Sepp Herberger. Die FDP weiß das auch. Wer glaubte, dass die als großer Neuanfang verkaufte Kür Philipp Röslers zum designierten Parteichef die Partei befrieden würde, sieht sich gründlich getäuscht. Die Personaldebatten gehen munter weiter. Und sie werden von Personen befeuert, von denen man ein weiteres Drehen am liberalen Personal-Karussell nicht unbedingt erwartet hätte.

Von Birgit Homburger zum Beispiel. Eigentlich konnte die Fraktionschefin, die im Südwesten wie im Bund um ihre politische Zukunft kämpft, mit dem dramatischen Dienstag ganz zufrieden sein. Rösler bescheinigte ihr, sie könne mit Gelassenheit ihrer Wiederwahl als Fraktionschefin im September entgegensehen. Und der vermutete Konkurrent Daniel Bahr, Landeschef in NRW, dementierte alle Ambitionen, sie als Vorsitzende der Bundestagsfraktion beerben zu wollen.

Dennoch scheint sich Homburger ihrer Sache nicht sicher. Dabei lässt sie sich wohl weniger vom Dauernörgler Wolfgang Kubicki aus Schleswig-Holstein irritieren, der  "Veränderung an der Spitze der Fraktion" einforderte. Schon eher wird sie registriert haben, dass sich der noch immer sehr präsente Ehrenvorsitzende Hans-Dietrich Genscher mit einem erstaunlichen Beitrag zu Wort gemeldet hat. Die FDP, sagt er, stecke in der "schwersten strukturellen Krise seit ihrem Bestehen". Daraus zieht er den Schluss, dass es neben dem neuen Vorsitzenden weitere neue Gesichter geben müsse. Genscher weiter: "Da wird es manche in der FDP geben, die selbst zu dem Schluss kommen sollten: Es ist besser, das Profil der neuen FDP durch neue Gesichter prägen zu lassen."

Das klingt nach Rückzug

Und Homburger zeigt neue Beweglichkeit. Sie betonte zwar, dass sie "für eine weitere Periode als Fraktionschefin gerne zur Verfügung" stehe. In einem anderen Punkt legt sie sich aber nicht mehr eindeutig fest. Wird sie beim Bundesparteitag im Mai erneut für einen Posten im Präsidium der FDP kandidieren? "Ich habe meine Entscheidung längst getroffen, aber ich informiere zuerst die Gremien der Landes-Partei", sagte Homburger in Berlin. Das klingt sehr nach Rückzug.

In der Südwest-FDP haben diese Äußerungen für Überraschung gesorgt. Allerdings sind Homburgers Überlegungen gut nachvollziehbar. Priorität haben für sie Landesvorsitz im Südwesten und Fraktionsvorsitz in Berlin. Träte sie aber zur Wahl zum Präsidium der Bundespartei an, drohte ihr ein schwaches Wahlergebnis. Dann, so ihr Kalkül, würde sie parteiintern als angeschlagen gelten - und der Fraktionsvorsitz in Berlin könnte in Gefahr geraten.

Allerdings stellt sich die Frage, wer aus dem Landesverband Baden-Württemberg dann an Homburgers Stelle für das oberste Führungsgremium der Bundespartei kandidieren soll. Drei Namen kommen in Betracht: Die beiden jüngeren Bundestagsabgeordneten Hartfrid Wolff und Florian Toncar, die in der Bundestagsfraktion sehr geschätzt werden, und Bundesminister Dirk Niebel. Wer wofür zur Verfügung steht, lässt sich allerdings erst sagen, wenn die möglicherweise turbulente Sitzung der Führungsgremien der Südwest-FDP vorbei ist.

Alles neu bei den Liberalen?

Nebenbei beschäftigen sich die Freidemokraten übrigens auch noch mit Inhalten. "Näher an die Menschen" müsse die Partei rücken, betonen Homburger und Generalsekretär Christian Lindner neuerdings in frappierendem Gleichklang. Es gibt zwei Beispiele, wie das aussehen könnte. Lindner forderte vergleichbare Bildungsstandards der Bundesländer. Bei einem Umzug stießen, so die Begründung, "die Eltern gegenwärtig ständig auf Probleme". Lindner will die Verfassung ändern, um dem Bund mehr Mitsprache in Bildungsfragen zu verschaffen.

Homburger verwies auf die Reform der Pflegeversicherung. Da könne die FDP "deutlich machen, was mitfühlender Liberalismus heißt". Etwa dadurch, dass man die Pflegenden von unnötiger Bürokratie befreit. Allerdings dürften zum Kern der Pflegereform auch Beitragserhöhungen gehören, die dann der designierte neue Bundesvorsitzende Philipp Rösler in seiner Eigenschaft als Gesundheitsminister zu vertreten hätte. Beliebt macht das nicht.

Alles neu bei den Liberalen? Nicht unbedingt. Christian Lindner zeigte sich sicher, dass es vor 2013 noch zu Steuersenkungen kommen werde. Birgit Homburger findet solche Festlegungen zweifelhaft: "Ich rate dringend von einer neuen Entlastungsdebatte ab", sagte sie.