„Gefährder“ agieren längst über alle Grenzen hinweg. Ist der deutsche Föderalismus im Kampf gegen islamistischem Terror noch zeitgemäß? Innenminister de Maizière hat dazu eine klare Meinung.
Berlin - Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat angesichts der Terrorgefahr in Deutschland deutlich mehr Kompetenzen für den Bund in der inneren Sicherheit gefordert. In einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Dienstag) verlangt der CDU-Politiker eine Stärkung des Bundeskriminalamts (BKA), eine Abschaffung der Landesämter für Verfassungsschutz zugunsten einer Bundesverwaltung sowie den Ausbau der Bundespolizei zu einer „echten Bundes-Polizei“. „Um unser Land, aber auch Europa krisenfest zu machen, halte ich Neuordnungen für erforderlich“, schreibt de Maizière zwei Wochen nach dem Anschlag eines mutmaßlichen Islamisten auf einen Berliner Weihnachtsmarkt.
Konkret kritisiert de Maizière, die Befugnisse des BKA seien zu eng gefasst. „Wir brauchen einheitliche Regeln und eine bessere Koordinierung, zum Beispiel bei der Kontrolle von Gefährdern“, heißt es in dem Text. Der Bund benötige eine „Steuerungskompetenz über alle Sicherheitsbehörden“, wo Bund und Länder in Angelegenheiten der Sicherheit des Bundes zusammenarbeiten. Die Verantwortung für die Polizei müsse aber weiterhin bei den Bundesländern liegen.
Übernahme der Landesämter für Verfassungsschutz in das Bundesamt
Auch das Verfolgen von Verdächtigen müsse künftig stärker vom Bund gelenkt werden können. „Wir brauchen wirksamere polizeiliche Fahndungsmaßnahmen“, schreibt de Maizière weiter. Die Bundespolizei müsse „neben den Polizeien der Länder eine zentrale Verfolgungs- und Ermittlungszuständigkeit zur konsequenten Feststellung unerlaubter Aufenthalte in Deutschland erhalten“. Sie solle „zu einer echten Bundes-Polizei“ entwickelt werden.
Im Rahmen einer „gesamtstaatlichen“ Lösung spricht sich der Minister für die Übernahme der Landesämter für Verfassungsschutz in das Bundesamt aus. „Kein Gegner unserer Verfassung strebt die Beseitigung der Verfassung in nur einem Bundesland an“, argumentiert de Maizière. Zur Abwehr von Cyber-Angriffen schlägt er ebenfalls mehr Befugnisse für den Bund vor.
Auch bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber will de Maizière mehr Kompetenzen für den Bund. Er schlägt vor, „dass der Bund eine ergänzende Vollzugszuständigkeit bei der Aufenthaltsbeendigung erhält“. Abschiebungen könnten so unter der Regie des Bundes „unmittelbar vollzogen“ werden.
„Bundesausreisezentren“ angeregt
Abschiebungen sind Ländersache. Der Bund macht seit langem Druck auf die Länder, abgelehnte Asylbewerber oder andere ausreisepflichtige Ausländer - zum Beispiel jene, die in Deutschland straffällig geworden sind - konsequenter in deren Heimat zurückzuschicken.
Der Minister regt in dem „FAZ“-Beitrag die Einrichtung von „Bundesausreisezentren“ an. Diese sollten den Ländern „eine Verantwortungsübergabe“ für die letzten Tage oder Wochen des Aufenthalts von Ausreisepflichtigen ermöglichen. „Ausreisezentren sind gesetzlich bereits möglich und könnten vorzugsweise in der Nähe deutscher Verkehrsflughäfen errichtet werden“, heißt es.
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel warnt nach einem Medienbericht davor, sich ausschließlich auf Gesetzesverschärfungen zu konzentrieren. Wie das ARD-Hauptstadtstudio am Montag unter Berufung auf ein Konzeptpapier Gabriels berichtete, plädiert der Vizekanzler dafür, auch den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken. „Gute und lebendige Städte und Gemeinden schaffen, Beschäftigung sichern, Kultur fördern, soziale Sicherheit gewährleisten, in Bildung investieren“ sei ebenso wichtig wie die Verbesserung der Sicherheitsarchitektur, heißt es demnach in dem Papier.