Verboten in Baden-Württemberg: das Emblem der Hells Angels Foto: dpa

Das baden-württembergische Innenministerium hat das Tragen des Abzeichen der Rockergruppe Hells Angels mit sofortiger Wirkung verboten. „Damit setzen wir das Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg vom 7. April dieses Jahres um“, sagt ein Ministeriumssprecher.

Stuttgart - Das baden-württembergische Innenministerium hat das Tragen des Abzeichen der Rockergruppe Hells Angels mit sofortiger Wirkung verboten. „Damit setzen wir das Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg vom 7. April dieses Jahres um“, sagt ein Ministeriumssprecher. Lutz Schelhorn, Präsident des Stuttgarter Chapters der Hells Angels, will sich das nicht gefallen lassen. Er wird gegen das Kuttenverbot klagen.

Der Schriftzug der Rockergruppe Hells Angels mit dem geflügelten Totenkopf ist weltberühmt, in vielen Teilen Europas auch berüchtigt. Nicht so in Stuttgart. „Wir haben uns nichts zuschulden kommen lassen“, schimpft Lutz Schelhorn, der von dem Verbot laut eigener Aussage völlig überrascht worden ist. Zwei Kripobeamte seien mittags bei ihm in Feuerbach vorstellig geworden und hätten ihm mitgeteilt, dass das Hells-Angels-Emblem ab sofort verboten sei.

Baden-Württemberg reiht sich damit in eine lange Liste von Bundesländern ein, die nach dem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg reagiert hatten: Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. „Wir fahren eine Null-Toleranz-Strategie“, sagt der Sprecher des Innenministeriums. Die Landespolizeipräsidien seien informiert, die einzelnen Dienststellen hätten die zehn Chapter der Hells Angels im Land informiert.

Klassisches Eigentor der Hells Angels

Das müsse man sich mal vorstellen, sagt Lutz Schelhorn. In Reutlingen habe die Polizei die Frau des dortigen Präsidenten angerufen und ihr gesagt, sie möge den Jungs mal mitteilen, dass sie ihre Kutte nicht mehr tragen dürfen.

Was den Stuttgarter Hells-Angels-Chef maßlos ärgert, findet beim Bund Deutscher Kriminalbeamter uneingeschränkt Beifall. „Wir begrüßen das konsequente Vorgehen. Der Staat muss sich im Kampf gegen kriminelle Rockergruppen als handlungsstark zeigen“, so Bundesvorsitzender André Schulz. Der Staat dürfe sich von diesen Banden nicht auf der Nase herumtanzen lassen.

Der Hamburger Fall scheint ein klassisches Eigentor der Höllenengel gewesen zu sein. 1983 hatte Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann (CSU) das erste deutsche Chapter der Hells Angels in Hamburg verboten. Im April 2013 ließ ein Mitglied der Hells Angels prüfen, ob es seine Kutte mit dem inkriminierten Abzeichen tragen dürfe. Was folgte, war am 7. April 2014 das Urteil des OLG Hamburg, was wiederum von besagten Bundesländern aufgegriffen wurde.

„Das Ganze kommt mir vor wie ein Spiel unter großen Kindern“, sagt Lutz Schelhorn. Der 55-Jährige hatte dieser Zeitung erst vor wenigen Wochen Rede und Antwort gestanden – und mit Zufriedenheit gehört, dass die Generalstaatsanwaltschaften Stuttgart und Karlsruhe einem generellen Verbot des Hells-Angels-Emblems skeptisch gegenüberstehen. Denn das Urteil aus Hamburg ist nur eines unter vielen. Andere Gerichte haben den Fall anders gesehen.

Juristen reiben sich die Hände

„Die Situation ist rechtlich leider schwierig“, sagt ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart. Die Polizei könne auf Anweisung des baden-württembergischen Innenministeriums natürlich eine Null-Toleranz-Linie fahren, aber: „Wie die Gerichte nachher entscheiden, ist eine ganz Sache“, so der Sprecher. Leider sei das Hamburger OLG-Urteil nicht angefochten worden. Hätte der Bundesgerichtshof oder das Bundesverfassungsgericht entschieden, würde jetzt Klarheit herrschen. Das kann aber noch kommen – wenn es nach Lutz Schelhorn geht.

Juristen reiben sich schon die Hände. Denn das Hamburger Urteil scheint keineswegs eins zu eins auf andere Länder übertragbar zu sein. Die Hamburger Richter haben das Hells-Angels-Mitglied wegen öffentlichen Verwendens von Kennzeichen eines verbotenen Vereins schuldig gesprochen. In Stuttgart sind die Hells Angels aber mitnichten verboten. So mancher Richter macht einen feinen Unterschied, ob auf der Kutte Hamburg oder Stuttgart steht. In Baden-Württemberg ist beispielsweise das Pforzheimer Chapter verboten. Die Hells Angels Singen haben sich vor geraumer Zeit aufgelöst, um einem Verbot zuvorzukommen.

Das Tragen des Kennzeichens eines verbotenen Vereins ist eine Straftat und wird mit Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft. Der Stuttgarter Hells-Angels-Chef will jedenfalls bis zum Europäischen Gerichtshof gehen, falls nötig. Wenn das Verbot Bestand hat, kommt eine Menge Arbeit auf ihn zu. Das Logo müsste aus dem Internet, von den Kutten, am Hells-Angels-Lokal im Leonhardsviertel entfernt werden, Motorräder müssten umlackiert werden. „Und was machen wir mit Tätowierungen?“, fragt Schelhorn.