Frankreichs Umweltministerin Barbara Pompili verteidigt den 65-Punkte-Plan zur Reform der französischen Klimapolitik. Foto: AFP/LUDOVIC MARIN

Der Umweltschutz soll in Zukunft einen höheren Stellenwert bekommen, doch die Kritik von Gegnern und Befürwortern der geplanten Reform ist laut

Paris - Klimaschutz ist für Emmanuel Macron Chefsache. Weil aber seine Bilanz bisher eher durchwachsen ausfällt, hat sich der französische Staatschef zum ganz großen Wurf entschieden. Er rief einen „Bürgerkonvent für das Klima“ ins Leben, zusammengesetzt aus 150 Franzosen, ausgelost aus allen Schichten und Regionen. Dieses Gremium arbeitete in monatelanger Fleißarbeit Vorschläge aus, wie Frankreich in den kommenden Jahren die ehrgeizigen Ziele in Sachen Umweltschutz erreichen kann. So soll etwa noch in diesem Jahr das Volk in einem Referendum darüber abstimmen, ob der Klimaschutz in der Verfassung verankert wird.

Kurzstreckenflüge können verboten werden

Nun wurde der Text des Bürgerkonvents mit 65 Gesetzesvorschlägen im französischen Kabinett beraten. Vorgesehen ist unter anderem ein Verbot von Kurzstreckenflügen in Frankreich, wenn eine Zug-Alternative existiert. Zudem sollen große Supermärkte mehr unverpackte Ware verkaufen und beheizte Außenterrassen von Restaurants und Cafés verboten werden. Dennoch sind die Mitglieder des Konvents nicht zufrieden, denn Emmanuel Macron hat, entgegen seinem Versprechen, einige zentrale Vorschläge vom Tisch gewischt. Dazu gehört etwa eine Senkung des Tempolimits auf französischen Autobahnen von derzeit 130 auf 110 Stundenkilometer. Spötter sagen, von den vielen guten Ideen sei im aktuell diskutierten Entwurf kaum mehr etwas übrig.

Befürchtet wird, dass der Gesetzestext in den noch anstehenden Diskussionen in Nationalversammlung und Senat weiter verwässert werden könnte. Es droht ein monatelanges Ringen um jedes Wort. Schon im Vorfeld mokierten sich sogar die Abgeordneten aus Macrons Partei La République en marche über die Formulierung, dass Frankreich die Bekämpfung des Klimawandels „garantiert“. Manche warnen, dass sich daraus für den Staat eine Verpflichtung ergibt, die womöglich nicht eingehalten werden kann.

Eine schwere Niederlage für Frankreich

Dieser Einwand hat einen sehr konkreten und aktuellen Hintergrund. Denn ein französisches Gericht hat den Staat in diesen Tagen für Klimaschäden mit verantwortlich gemacht. Das Pariser Verwaltungsgericht urteilte, Frankreich habe seine Verpflichtungen zum Abbau von Treibhausgasen nicht erfüllt. Die Richter gaben damit Greenpeace und anderen Organisationen Recht, die den Staat mit Unterstützung von 2,3 Millionen Unterzeichnern einer Petition verklagt hatten.

Einen anderen Aspekt bringt Gérard Larcher ins Spiel. Der Präsident des Senats und Mitglied der gaullistischen Partei Les Républicains gibt zu bedenken, dass der Klimaschutz eine wichtige Sache sei, doch er dürfe kein Übergewicht bekommen und andere wichtige Ziele wie etwa den Schutz der Freiheitsrechte oder die Gleichstellung von Mann und Frau verdrängen.

Kritik kommt von Umweltschützern

Auf der anderen Seite gibt es Politiker, denen der Text des Bürgerkonvents nicht weit genug geht. Eine der prominentesten Stimmen ist der Umweltschützer Nicolas Hulot. Der saß schon als Umweltminister im Kabinett von Emmanuel Macron, kündigte ihm dann aber die Gefolgschaft, weil der Staatschef in seinen Augen in Sachen Klimaschutz zu zögerlich agiert. Auch dieses Mal wirft der Aktivist in einem Interview mit der Tageszeitung „Le Monde“ dem Präsidenten Mutlosigkeit vor. „Natürlich will er schneller, weiter und stärker vorangehen“, kontert die amtierende Umweltministerin Barbara Pompili ihren Vorgänger. „Auch ich möchte das tun, aber wenn man nicht gewisse Kompromisse eingeht, erreicht man gar nichts.“

Die Opposition versichert zwar, dass sie die Förderung des Umweltschutzes natürlich unterstütze, sieht den Bürgerkonvent und das angestrebtes Referendum über das Verankern des Klimaschutzes in der Verfassung als durchsichtiges politisches Manöver von Emmanuel Macron. Der Präsident habe auf diesem Gebiet kaum etwas erreicht und versuche nun, vor der Präsidentenwahl im Jahr 2022 sein Profil zu schärfen. Dafür lasse man sich aber nicht vor den Karren spannen, heißt es unisono von der politischen Konkurrenz.