Martin Stengele zeigt Bettina Frank Übungen mit dem Theraband Foto: Leif Piechowski

Viel bewegen, gesund essen und reden – Bettina Frank will mit Hilfe von Experten ihr Übergewicht in den Griff bekommen. Wir begleiten sie bei ihrem steinigen Weg zum Wohlfühlgewicht.

Stuttgart - Der Abend ist schwül und es herrscht Gewitterstimmung. Bettina Frank hat trotzdem den zeitraubenden Weg von Aldingen nach Stuttgart mitten im Berufsverkehr angetreten, um mit Trainer Martin Stengele und den anderen Mitgliedern der Stuttgarter Gruppe des Mobilis-Programms ihre nächste Bewegungseinheit anzugehen. Walking steht auf dem Programm, egal bei welchem Wetter. Denn Ausreden finden nicht nur Übergewichtige schnell, wenn es darum geht, Sport zu treiben oder Diät zu halten. „Bei großer Hitze ist Sport nicht mein Ding, aber das darf keine Ausrede sein“, sagt Bettina Frank tapfer. So viel hat sie in den vergangenen drei Monaten bereits gelernt: Es gibt immer eine Alternative. So könnte man sich beispielsweise bei zu warmen Temperaturen im schattigen Wald oder im Wasser bewegen.

Heute trifft sich die Gruppe wie jeden Montag an der Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule im Stuttgarter Osten. Von dort aus geht es los an der Villa Berg vorbei durch den Rosensteinpark. Wichtig ist, dass alle Teilnehmer in ihrem eigenen Tempo laufen können. Daher bittet Trainer Martin Stengele die schnelleren Walker, bei jeder Abzweigung eine Kehrtwende zu machen und zu den langsameren Teilnehmern zurückzulaufen. Auf diese Weise können die Fitteren mehr Energie verbrauchen, aber die Gruppendynamik bleibt erhalten. „Damit wir nicht in einen Spaziergang verfallen, müssen wir die Arme anwinkeln und mit den Schultermuskeln aktiv arbeiten“, gibt der Sportlehrer letzte Anweisungen. Und schon setzt sich die Gruppe in Bewegung. Trotz ihrer Schwierigkeiten mit der schwülen Temperatur läuft Bettina Frank an der Spitze mit. Seit sie an dem Programm teilnimmt, hat sie bereits elf Kilo verloren. „Ich merke, dass ich schon viel beweglicher geworden bin“, sagt die 43-Jährige. Sie habe schon darüber nachgedacht, einen Rucksack mit elf Kilo zu füllen, um sich selbst zu demonstrieren, was sie zuvor an Ballast mit sich herumgeschleppt hat. Doch dieser Erfolg kostet sie viel Mühe. Nicht nur, dass sie ihre Ernährung umgestellt hat, auch die regelmäßige Bewegung musste sie in ihren Alltag integriert. Zweimal die Woche treibt sie Sport in der Mobilis-Gruppe: Montags steht Walking auf dem Plan, mittwochs Krafttraining. „Besonders beim Krafttraining haben wir uns gesteigert, das ist mittlerweile richtig anspruchsvoll“, berichtet sie. Das Ausdauertraining in der Gruppe macht ihr dagegen weniger Mühe: „Es macht Spaß, wenn man mithalten kann.“

Von übertriebenen Anstrengungen rät Stengele ab, denn würden die Teilnehmer sofort mit Joggen beginnen, wäre nicht nur die Verletzungsgefahr sehr groß. Das Training wäre für das Abnehmen nicht effektiv: „Durch das Walking lernt der Körper, Fett zu verbrennen.“ Bei geringer Dauerbelastungen verwerte der Körper Reserven aus den Fettdepots in Form von Fettsäuren. Dies sei zum Abnehmen ideal. Momentan ist es dem Trainer aber vor allem wichtig, den Teilnehmern die Lust an der Bewegung näher zu bringen. „Erst später geht es dann ans Feintuning“, sagt er. Dann werden Nordic-Walking-Stöcke oder Hanteln, die mit einem speziellen Granulat gefüllt sind, eingesetzt, um den Trainingseffekt zu steigern.

Bettina Frank muss neben den zwei Stunden, die sie pro Woche in der Gruppe trainiert, auch selbstständig Sport treiben. „Ich komme auf vier Stunden Sport in der Woche. Für jemanden, der vorher gar nichts gemacht hat, ist das viel“, sagt sie. Knallhart durchgezogen hat sie dieses Pensum nicht in jeder Woche – doch mindestens dreimal die Woche hat sie es bis jetzt immer zum Sport geschafft. Die Tipps der Experten von Mobilis helfen ihr bei den Übungen allein im Fitnessstudio: „Ich bevorzuge jetzt die Geräte im Sportstudio, die mehrere Muskeln gleichzeitig beanspruchen.“ Dadurch sei ihr Training effektiver und zeitsparender, was „für Sportmuffel wichtig ist“. Ein Beispiel dafür ist laut Bettina Frank die Beinpresse, die zusätzlich noch Bauch und Rücken trainiert.

Der innere Schweinehund macht Bettina Frank trotzdem manchmal Schwierigkeiten: „Ich rede mir dann ein, dass ich genauso gut morgen zum Sport gehen kann.“ Doch mit kleinen Tricks überlistet sie die kontraproduktive innere Stimme: „Wenn ich etwas aus dem oberen Stockwerk brauche, schicke ich nicht mehr meine Kinder, sondern hole es selbst“, sagt sie mit einem Lachen. Besorgungen macht sie zu Fuß statt mit dem Auto. Dafür kann sie inzwischen den Gürtel enger schnallen und einige Hosen aussortieren. „Das Sport-T-Shirt, das mir meine Kinder zum Muttertag geschenkt haben, passt mir schon.“ Und auch wenn ihr nach dem strammen Marsch durch den Rosensteinpark der Schweiß auf der Stirn steht: „Nach dem Sport kann man auch das Entspannen auf der Couch richtig genießen.“