Einsatz im Gesundheitsamt: Die Stadt wird einen zweiten Antrag auf Amtshilfe bei der Bundeswehr stellen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die steigenden Corona-Zahlen führen zu einer weiteren Überlastung des Stuttgarter Gesundheitsamts. Deshalb stellt die Verwaltung einen zweiten Amtshilfeantrag an die Bundeswehr. Durch die Einrichtung eines Bürgertelefons soll die Erreichbarkeit für Betroffene verbessert werden.

Stuttgart - Die auch in Stuttgart weiter stark gestiegenen Corona-Neuinfektionen führen trotz bereits erfolgter Personalaufstockung zu einer erneuten Überlastung des Gesundheitsamts. Deshalb hat die Stadt einen weiteren Amtshilfeantrag bei der Bundeswehr gestellt, die hier bereits 60 Kräfte für die Nachverfolgung von Infektionsketten im Einsatz hat. Weil auch die telefonische Erreichbarkeit des Gesundheitsamts für Betroffene massiv schlechter geworden ist, soll überdies die Hotline für Anfragen mit deutlich mehr Personal besetzt werden.

In Stuttgarts Integrierter Rettungsleitstelle sind vorige Woche „1250 coronabedingte Anrufe eingegangen, alleine am Samstag 360“, sagt Stadtsprecher Sven Matis. Dabei ist das für Fragen von Betroffenen oder von Kontaktpersonen Infizierter gar nicht die richtige Anlaufstelle. Die Zahl zeigt aber, wie groß inzwischen der Informationsbedarf von Menschen zu Fragen rund um das Infektionsgeschehen mit dem Coronavirus ist.

„Enormer Aufgabenzuwachs“

Angesichts einer Sieben-Tage-Inzidenz am Wochenende von mittlerweile rund 135 Fällen pro 100 000 Einwohner habe „das Geschehen ziemlich an Fahrt aufgenommen“, sagt Stefan Ehehalt, der Leiter des Gesundheitsamts. In den vergangenen sieben Tagen seien 858 Personen in Stuttgart positiv auf das Coronavirus getestet worden. Am Montag waren es nochmals 117 Fälle mehr, die Inzidenz sank auf knapp 124 Fälle. Bei entsprechend vielen dazu kommenden Kontaktpersonen, die angerufen werden müssen, erlebe man einen „enormen Aufgabenzuwachs“, erklärt Ehehalt. Und diese Entwicklung verschärfe sich „dramatisch“. Entsprechend schwerer ist auch das Amt für Anrufer erreichbar. „Es gibt Beschwerden“, räumt Ehehalt ein. Es gebe deshalb Pläne, „dass unsere Hotline deutlich aufgestockt wird“, um die Erreichbarkeit zu verbessern. Der Erste Bürgermeister der Stadt, Fabian Mayer (CDU), sagte dazu: „Wir werden ab Anfang kommender Woche wieder ein Bürgertelefon schalten. Dazu laufen alle Vorbereitungen.“

Zudem wird es immer schwieriger, die Infektionsketten nachzuverfolgen, zumal inzwischen etwa 75 Prozente der Betroffenen gar nicht mehr sagen können, wo sie sich das Virus zugezogen haben könnten. Der Arbeitsaufwand für das Personal steigt auch in diesem Bereich. Deshalb soll das Personal im Gesundheitsamt nochmals aufgestockt werden. Derzeit sind in dem Bereich insgesamt 242 Kräfte im Einsatz, 112 Mitarbeiter des Gesundheitsamts, 60 Soldaten der Bundeswehr sowie 70 Mitarbeiter anderer Ämter. Eine weitere Aufstockung des Personals soll auch durch zusätzliche Kräfte der Bundeswehr erreicht werden. Deshalb stellt die Stadt an diese einen zweiten Amtshilfeantrag, offenbar sollen im Gesundheitsamt nochmals weitere Soldaten in ähnlich hoher Zahl wie bisher zum Corona-Einsatz kommen. Insgesamt sollen etwa 80 weitere Personen im Gesundheitsamt tätig werden.

Kuhn appelliert an Bürger

In dieser Lage hat sich am Montag Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) mit einer Videobotschaft an die Stuttgarter gewandt. Darin äußert er sich zu den Einschränkungen, die bei einem Bund-Länder-Gipfel beschlossen wurden und jetzt gelten. Kuhn zeigt Verständnis für die Branchen, die es nun trifft: „Ich weiß, das ist für viele hart. Zum Beispiel für den Kulturbereich, der mit so etwas überhaupt nicht gerechnet hat.“ Dennoch betont der OB: „Wir müssen die Zahl der Kontakte von Menschen im öffentlichen Bereich und auch bei privaten Feiern dringend reduzieren.“ Auch die Kliniken in Stuttgart verzeichneten immer mehr Coronafälle, die Betroffenen würden wieder älter. Kuhn: „Es ist Gefahr im Verzug.“ Daher sei es notwendig, das gesellschaftliche Leben herunterzufahren. „Wenn sich alle daran halten, dann wird das auch positive Ergebnisse bei den Neuinfektionen und damit in der Klinikversorgung mit sich bringen“, so der OB.

Wichtig sei, die alten Menschen besonders gut zu schützen. So sind von den 1327 derzeit als aktiv geltenden Corona-Fällen 71 in Alten- und Pflegeheimen registriert worden. Angesichts der bei alten Menschen mit Vorerkrankungen aber häufig schwer verlaufenden Infektionen sei das „eine relevante Zahl“, sagt Amtsleiter Stefan Ehehalt. Kuhn hat deshalb die Bitte an die Bevölkerung: „Machen Sie mit bei dem Bestreben, jetzt zurückzufahren. Sonst kommen wir in Situationen, wie wir sie in Frankreich oder Holland sehen können. Das wollen wir für unsere schöne Stadt wirklich verhindern!“

Kontakte für Betroffene

Die Stadt ist unter der Corona-Hotline 0711/216 59 309 erreichbar, gegebenenfalls auch unter der Behördennummer 115. Positiv Getestete erhalten Informationen unter covid-positiv@stuttgart.de. Darüber hinaus kann man in Verdachtsfällen auch seinen Hausarzt anrufen oder den Kassenärztlichen Notdienst unter den Nummern 116 117.