Der Parkplatz des Rewe-Marktes soll zu den Stellen zählen, an denen sich Auto-Poser und andere junge Leute treffen. Foto: avanti/Ralf Poller

Die Idylle im beschaulichen Weinort Beilstein (Kreis Heilbronn) trügt: Es gibt massive Probleme mit Auto-Posern und Vandalismus. Die Stadt hat nun einen Sicherheits-Dienst beauftragt.

Die Weingegend um Beilstein im malerischen Bottwartal wird auch gerne die „Schwäbische Toskana“ genannt. Doch selbst im schönsten Idyll bleiben Probleme nicht aus. Junge Poser protzen mit ihren schnittigen Wagen und rasen nachts umher. Das sind aber nicht die einzigen Probleme auf der Straße. Die Verwaltung der 6400-Einwohner-Stadt hat daher jetzt einen Security-Dienst beauftragt.

 
Die Polizei kontrolliert Fahrzeuge von Posern – auf frischer Tat sind nächtliche Raser nur schwer zu fassen. Foto: dpa/Uwe Anspach

Für die Raserei mit aufgemotzten Autos eignet sich die etwa zwei Kilometer lange Gerade der Landesstraße zwischen Beilstein und Oberstenfeld offenbar besonders gut. „Es sind junge Männer um die 20 bis 30 Jahre, die sich auch wochentags gegen 22 Uhr bei uns an der Hauptstraße treffen“, berichtet die Bürgermeisterin Barbara Schoenfeld. Sie bedauert, dass die jungen Leute nicht gelernt hätten, auf andere Rücksicht zu nehmen. „Es ist nicht lustig, wenn die Motoren nachts um 2 Uhr aufheulen und Bürger aus dem Schlaf reißen.“ Dagegen vorzugehen sei jedoch in erster Linie Sache der Polizei, nicht die des kommunalen Vollzugsdienstes.

Für die Polizei sind die Raser schwer zu fassen, weil man sie während des Fahrens auf frischer Tat erwischen müsste, hat Barbara Schoenfeld festgestellt. „Sie sind dann über die Kreisgrenze in Richtung Ludwigsburg ebenso schnell wieder weg, wie sie aufgetaucht sind“, sagt die Bürgermeisterin. Ihre Kennzeichen wiesen sie als Auswärtige aus. Der Aufenthalt der jungen Männer an der Hauptstraße in Beilstein schüchtere Bürger ein. Viele von ihnen wechselten die Straßenseite. Auch würden immer wieder Bushaltestellen zugeparkt.

Stadt will im Vorfeld mit möglichen Rasern reden

Mit dem Security-Dienst reagiert die Stadtverwaltung laut Schoenfeld nun auf diese und andere Entwicklungen im Ort: „Wir setzen auf Gespräche.“ Sie wolle vor allem auch dem Vandalismus auf den Schulhöfen entgegenwirken. Dort fänden illegale Partys statt, man finde Lachgasflaschen, Feuerstellen beim Gebäude und Erbrochenes, das Mitarbeiter beseitigen müssten. „Die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes sollen den Vollzugsdienst ergänzen und in den Randzeiten mit jungen Leuten reden.“

Die Bürger hätten in einer Umfrage im vergangenen Jahr ihrerseits einen Bedarf für den Bereich „Ordnung und Sicherheit“ signalisiert, erklärt die Bürgermeisterin weiter. Laut Umfrage fühlten sich 50 Prozent der Bürger „nicht sicher“. Gleichzeitig markierten rund 97 Prozent das Thema Sicherheit als „sehr wichtig“. In Beilstein gebe es neben den Schulhöfen einige weitere Treffpunkte wie etwa die Parkplätze am Rewe oder Aldi, auf denen sich abends und am Wochenende junge Leute aufhielten. „Da sind dann aber die Eigentümer zuständig.“

Die Polizei hingegen beurteilt die Lage in Beilstein als weitaus weniger dramatisch als die Bürger. Zwar seien Hinweise eingegangen, doch Kontrollen hätten ergeben, „dass keine Poser- oder Raserszene vorliegt, sondern es sich um unregelmäßige Einzelfälle handelte“, teilt das Polizeipräsidium Heilbronn mit. Beilstein steche auch sonst nicht mit einer höheren Kriminalitätsbelastung hervor. Das Gymnasium und Treffpunkte von Jugendlichen seien unauffällig. Vereinzelt hätte es Anzeichen für Drogenkonsum gegeben. Die Polizei sei den Funden mit Streifen und Kontrollen nachgegangen.

FDP-Stadtrat vermisst direkte Information über Security-Dienst

Die Nachricht vom Sicherheitsdienst hat sich schnell herumgesprochen. Dazu beigetragen hat Wolfgang Behr, FDP-Stadtrat und stellvertretender Bürgermeister. Er postete auf Facebook die Anzeige aus dem Amtsblatt mit dem Titel „Unser Gemeindevollzugsdienst bekommt Unterstützung“. Behr zeigte sich perplex, die Neuigkeit drei Tage nach der Sitzung aus dem „Blättle“ zu erfahren.

Bürgermeisterin Barbara Schoenfeld zeigt sich wiederum verwundert über Behrs Veröffentlichung. Mit dem Gemeinderat habe der verwaltungsinterne Akt nicht abgestimmt werden müssen – eine Ergänzung des Vollzugsdienstes sei aber durchaus zuvor mit dem Gremium abgesprochen gewesen. Die Bekanntgabe der Nachricht sei für den nichtöffentlichen Teil der Sitzung geplant gewesen. Die geordnete Information der Bevölkerung habe im Amtsblatt stattgefunden.

Wie weit darf der Sicherheitsdienst gehen?

Für Behr stellt sich die Frage: „Ist Beilstein ein Hotspot von Kriminalität geworden?“ Gleichzeitig gibt er zu bedenken: „Ein Sicherheitsdienst hat nicht mehr Möglichkeiten als jeder Bürger oder jede Bürgerin.“ Nur die Polizei dürfe als Exekutive fungieren.

Behrs Stadtrat-Kollege Oliver Kämpf von der Bürgerliste wünscht sich hingegen ein stärkeres Engagement im Bereich des Streetworkings und des Jugendhauses sowie der Kommunikation mit den Vereinen. „Ich bin dafür, etwas zu tun, und mit zwei Stellen die Schulsozial- und Jugendarbeit zu unterstützen“, betont Barbara Schoenfeld. Die Vereine wiederum hätten sich derweil laut Oliver Kämpf untereinander vernetzt. Das begrüßt auch die Bürgermeisterin: „Das ehrenamtliche Engagement in Vereinen bietet Jugendlichen die Möglichkeit, echte soziale Kontakte zu pflegen.“

Wann ist Tuning verboten?

Definition
 Tunen heißt aus dem Englischen übersetzt „abstimmen“ und ist vom Posen oder Rasen zu unterscheiden, da es grundsätzlich nicht verboten ist. Werden jedoch wichtige Einzelteile des Autos auf Kosten der Sicherheit miteinander neu abgestimmt, kann das die Polizei mit Bußgeldern und Punkten in Flensburg ahnden. Hinzu kommen hohe Abschleppkosten, wenn man erwischt wird.

Verbot
 Die Verkehrssicherheit hat hohe Standards, die abgeprüft werden müssen. Vorsichtig sollten Fahrzeugbesitzer bei den Bestandteilen Reifen, Bremsen und Motoren vorgehen. Auch das Licht stellt hohe Ansprüche. Sicherheitsgurte müssen funktionieren und geprüft sein. Amtliche Prüfungsnachweise sind auch bei vielen anderen bearbeiteten Einzelteilen nötig.