In Jettingen ging auf der neuen Freizeitanlage auch ein Dirt-Pumptrack für Radbegeisterte in Betrieb – er wurde von Jugendlichen mitgeplant. Foto: factum/Weise

Bei einer Flyer-Kampagne wandten sich nicht einmal zehn Prozent der über 16-Jährigen mit ihren Wünschen und Ideen an die Kandidaten. Die Jugendreferenten hoffen trotzdem, dass viele Heranwachsende an die Urnen gehen.

Kreis Böblingen - Der Jettinger Jugendreferent Samuel Brenner macht keinen Hehl aus seinem Stolz. Das allerdings betrifft nicht das Ergebnis der Aktion „Ich gehe wählen“, mit der Jugendliche an die Urnen der Kommunalwahl gelockt werden sollen. 450 Erstwähler seien angeschrieben worden, die den Kandidaten ihre Ideen und Wünsche übermitteln sollten. „Der Flyer-Rücklauf lag klar unter zehn Prozent“, bilanziert Brenner. Dafür wurde am vergangenen Samstag die neue Freizeitanlage in Jettingen eingeweiht – die Jugendliche mitgeplant haben.

Tatsächlich engagieren sich die Heranwachsenden lieber dort, wo wirklich etwas passiert und wo ein Jugendreferent Projekte in die Tat umsetzt. Und sie betrachten Kommunalpolitiker weitaus weniger als ihre Ansprechpartner. Diese Erfahrung hat auch Harry Sommer gemacht, der als Jugendreferent jeweils halbtags in Altdorf und in Hildrizhausen tätig ist. „Die Jugendlichen wollen selbst etwas in die Hand nehmen“, sagt Sommer. In Altdorf baut er mit ihnen einen Dirt-Park, wo man sich mit BMX-Rädern austoben kann. 220 Tonnen Lehm seien mit Schubkarren und Spaten schon verarbeitet worden. Bisweilen packten an den Arbeitstagen 30 Jugendliche mit an.

Wenig Resonanz auf Flyer-Aktion

Eine ähnliche Tatkraft erlebt Sommer bei der Organisation des Open-Air-Kinos in Hildrizhausen. Gleichwohl hätte auch er sich mehr Resonanz auf die Flyer-Aktion gewünscht. Gerade mal zwei Karten kamen aus Altdorf an ihn zurück, fünf waren es aus Hildrizhausen. In Altdorf wurden sie 2200-mal mit dem Amtsblatt verbreitet, in Hildrizhausen wurden die Karten auf demselben Weg an 1700 Haushalte verteilt. Das Ergebnis ist wie in den anderen der an der Aktion beteiligten Kommunen im Kreis dürftig. Wo es Rückmeldung gab, notierten die Teilnehmer, dass sie sich mehr Treffpunkte wünschen, freies WLAN auf öffentlichen Plätzen und auch bessere Busverbindungen.

Mehr Grillplätze und Radwege kommen bei den Anregungen in Waldenbuch noch dazu, außerdem wollen die Heranwachsenden in der Stadtbibliothek mehr englischsprachige Medien und mehr Filme ausleihen können. Darüber hinaus vermissen sie ein Fast-Food-Restaurant. Laut dem Jugendreferenten Achim Böll trafen „rund 40 Flyer von 400 versandten mit den Anliegen ein“, die im Jugendhaus, in der Bücherei und in Schulen ausgehängt werden. Wie in den anderen Kommunen sollen die Kandidaten Stellung nehmen, etwa auf Podiumsdiskussionen.

Keine Reaktion in Deckenpfronn

Überhaupt keine Reaktion gab es in Deckenpfronn. „Bisher null Rücklauf“, bilanziert Stephan Strübin, der Jugendreferent, dessen Arbeitgeber die Jugendhilfeeinrichtung Waldhaus in Hildrizhausen ist und dessen Dienste die Gemeinde Deckenpfronn nutzt. „Die Hauptsache der Aktion ist, auf die Wahl hinzuweisen und zum Urnengang zu motivieren“, erklärt Strübin stellvertretend für seine Kollegen in den Jugendreferaten. Das Ziel sei, darüber ist man sich einig, der Politikverdrossenheit entgegenzuwirken.

Von Verdruss ist zumindest in Jettingen wenig zu spüren. Dort wurden die Wünsche der Jugendlichen mit der Neugestaltung der Freizeitanlage – wie man hört – offenbar erfüllt. Auf dem Gelände, das sei dem Jahr 2003 bereits als Treffpunkt dient, gibt es nun moderne Sport- und Spielgeräte, einen erweiterten Beachvolleyball-Bereich, ein neues Basketball- und Skaterareal sowie ein Dirt-Pumptrack für die Radbegeisterten. Der Jugendreferent Brenner hofft nun, dass die über 16-Jährigen auch zur Wahl gehen.