Zeit ist Leben: Die Oper „Momo“ nach dem Jugendbuchklassiker von Michael Ende hat am Donnerstag Uraufführung in Stuttgart gefeiert - viel Applaus gab es am Abend im Kammertheater vom Premierenpublikum. Foto: dpa

„Meine Eltern können doch nichts dafür, dass sie keine Zeit mehr haben.“ In Stuttgart hält die Jugendoper „Momo“ vielen Erwachsenen einen Spiegel vor. Für die Uraufführung gab es viel Applaus.

Stuttgart - Momo ist geheimnisvoll. Poetisch. Sie schafft alles: In ihrer Gegenwart spielen Kinder fantasievolle Spiele, versöhnen sich zerstrittene Menschen. Momos Geheimnis: Sie nimmt sich Zeit für ihre Freunde, hört ihnen aufmerksam zu. Die Junge Oper Stuttgart hat den berühmten Märchen-Roman „Momo“ von Michael Ende (1929-1995) als Musiktheater auf die Bühne gebracht. Das Publikum goutierte die Uraufführung am Donnerstag im Kammertheater mit viel Applaus.

Momo ist ein Waisenmädchen. Sie besitzt nur wenige Dinge, dafür aber umso mehr Freunde. Und sie hat eine besondere Gabe: Sie kann Menschen zuhören, nimmt sich die Zeit dazu und zieht sie damit in ihren Bann. Doch die Grauen Herren von der Zeitsparkasse wollen immer mehr Menschen zum Zeitsparen bringen - für später mal, für das „richtige Leben“. Aber Momo erkennt, dass die Menschen um ihre Zeit betrogen werden, da sie vor lauter Sparen vergessen, zu leben.

Nach „Träumer“ ist „Momo“ das zweite Musiktheaterstück, das Michael Heep für die Junge Oper Stuttgart komponiert hat. Sein klares - manchmal aber auch fremd anmutendes - Klangbild verbindet die unterschiedlichen Welten des Stücks: die Kälte der Grauen Herren mit der poetischen Hingabe Momos an Menschen und Dinge. Die Titelpartie spielt und singt die junge Sopranistin Jeanne Seguin. Tadellos, wenn auch ihre Distanz zum Kinderchor bisweilen etwas zu groß erscheint. Regie führt Barbara Tacchini, die Leiterin der Jungen Oper Stuttgart. Von ihr stammt auch das Libretto.

Mit weiteren Profi-Sängern, die etwa die Partien von Hora, Gigi Fremdenführer, Beppo Straßenkehrer, Wirt Nino und Friseur Fusi singen, stehen Laien-Ensembles auf der Bühne: 26 Kinder und Jugendliche spielen und singen im Chor von Momos Freunden. Erstmals in einer Inszenierung der Jungen Oper Stuttgart gibt es aber auch einen Erwachsenenchor: 35 Laiensänger stellen die Grauen Herren dar, 18 zusätzliche Laienschauspieler verkörpern weitere Graue Herren und Touristen. Einen Sonderapplaus gab es für Bibigirl, die vollkommene Puppe, dargestellt von Jasmin Arndt von der John-Cranko-Ballettschule Stuttgart.

In der Oper lebt Momo auf einem riesigen Baum in einem geschlossenen Theater, ihr Bett hängt in den Ästen. Der Rauch aus den Zigarren der Grauen Herren wird ebenso auf die Rückwand der Bühne (Uta Materne) projiziert, wie die Schildkröte Kassiopeia, die Momo hilft. Auch lösen sich dort die Grauen Herren später in Rauch auf, denn natürlich geht alles gut aus: Momo bekommt Hilfe von Meister Hora, dem surrealen Hüter und Verwalter der menschlichen Zeit. Er hält die Zeit an und Momo gelingt es, die geraubte Zeit zu befreien. Horas Rat: Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen. „Denn so wie ihr Augen habt, um das Licht zu sehen, und Ohren, um Klänge zu hören, so habt ihr ein Herz, um damit die Zeit wahrzunehmen.“