Bertram Schade bereitet mit dem Kammerorchester Plochingen das Herbstkonzert vor. Foto: kell

Bertram Schade ist Violinist und Dirigent. Derzeit bereitet er mit dem Kammerorchester Plochingen das Herbstkonzert vor.

Seit 45 Jahren ist das Kammerorchester Plochingen eine feste Größe im Kulturleben der Neckarstadt. Bei den Konzerten in der Stadthalle musiziert das 50-köpfige Ensemble zumeist in sinfonischer Besetzung. Dies ermöglicht die Aufführung bedeutender Werke der Orchesterliteratur, von Ouvertüren über Solokonzerte bis hin zur großen Sinfonie. Aktuell proben die Orchestermitglieder für das Herbstkonzert, das am Sonntag, 12. Oktober, um 18 Uhr, in der Stadthalle Plochingen stattfindet. Erklingen werden Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann und Joseph Haydn. Im Gespräch erläutert der Dirigent Bertram Schade seine Programmkonzeption, die Probenarbeit und die Schwierigkeiten, qualifizierte Nachwuchsmusikerinnen und -musiker zu gewinnen.

 

Herr Schade, als Dirigent des Kammerorchesters Plochingen sind Sie für die Programmkonzeption verantwortlich. Nach welchen Grundsätzen stellen Sie das jeweilige Programm zusammen?

Bertram Schade Bei der Programmauswahl sind eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen: zunächst sind die instrumentalen Möglichkeiten des Orchesters das Wichtigste. Dann sollten die Werke zueinander in einem sinnvollen Kontext stehen und vom Orchester möglichst noch nicht gespielt worden sein. Auch die Besetzung ist zu beachten, damit eine Aufführung nicht zu viel externe Unterstützung braucht, die finanziell nicht darstellbar wäre. Und schlussendlich sollte es auch schöne Musik sein, die Musiker und Publikum begeistert.

Wie gestalten Sie die Probenarbeit mit dem ambitionierten Amateurorchester?

Wir haben etwa fünf bis sechs Monate Zeit, ein neues Programm zu erarbeiten. Allerdings wird in den Schulferien nicht geprobt, sodass der reale Probenzeitraum knapper ausfällt. Zunächst geht es darum die Werke kennenzulernen, die technischen Schwierigkeiten und die Lösungsmöglichkeiten hierzu zu besprechen sowie einen Überblick über das Programm und die interpretatorischen Grundzüge zu vermitteln. Nachfolgend wird dann immer detaillierter an der exakten Gestaltung und Vermittlung der musikalischen Aussage gearbeitet.

Nach welchen Kriterien wählen Sie die Solisten Ihrer Konzerte aus?

Das Kammerorchester Plochingen hat schon mit vielen herausragenden Solisten musizieren dürfen und dieses Niveau möchten wir gerne erhalten. Natürlich muss das auch finanziell im Rahmen des Möglichen sein. Hilfreich sind hierbei meine persönlichen Kontakte zu namhaften Instrumentalisten und Sängern.

Wie hoch ist der zeitliche Aufwand bei der Vorbereitung eines Konzerts, beginnend bei der Literatursuche bis zum Konzert?

Das lässt sich in Stunden kaum beziffern. Aber schon die Literatursuche ist unter den oben genannten Aspekten sehr zeitintensiv, da eine Vielzahl von Partituren studiert werden muss, bis eine passende Auswahl gefunden ist. Dann kommen die regelmäßigen Proben mit dem Orchester – in Streicherproben, oft jedoch auch im Tutti. Wir führen auch vor jedem Konzert einen Probentag durch, bei dem die Werke ihren letzten musikalischen Schliff erhalten.

Wie schaffen Sie es, die verschiedenen Generationen der Mitspieler zusammenzuführen und zu motivieren?

Zuallererst schafft das die Musik. Denn die Freude an der Musik ist das verbindende Element aller Musiker des Ensembles. Dann gilt es als Dirigent möglichst oft die richtige Ansprache zum richtigen Zeitpunkt zu finden, indem man die Personen und das gemeinsame Ziel im Blick hat. Mir ist es ein besonderes Anliegen, dass jeder weiß, dass er wichtig ist und alle gemeinsam einen Weg miteinander gehen, um die Musik im Konzert zum Kern ihrer Aussage zu bringen.

Welche Probleme sind bei der Gewinnung qualifizierter Spieler, insbesondere von Nachwuchsmusikern, zu bewältigen?

Zunächst liegt Plochingen noch im Einzugsbereich Stuttgarts, sodass die vielen Orchester dort Einfluss haben auf die Musiker der Region. Dann ist das Niveau der Literatur nicht für jeden erreichbar. Viele sind auch in jüngeren Jahren mit beruflichen und familiären Themen ausgefüllt. Durch vielschichtige und interessante Programme versuchen wir, auch junge Musikerinnen und Musiker anzusprechen und für unser Orchester zu begeistern.

Wie schätzen Sie als Musikpädagoge und Dirigent die Bedeutung des aktiven Musizierens ein?

Musik ist eines der großen Geschenke unseres Daseins. Insofern ist die Bedeutung von Musik nicht hoch genug einzuschätzen. Und dieses Geschenk nicht nur hörend aufzunehmen, sondern sogar selbst auszuführen, zu gestalten und mit der eigenen Persönlichkeit zu formen, ist ein zusätzliches Glück.

Das Gespräch führte Rainer Kellmayer.

International unterwegs

Zur Person
Bertram Schade studierte an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart Violine bei den Professoren Wilhelm Melcher und Ingolf Turban sowie Kammermusik beim Melos Quartett. 1995 war er zweiter Konzertmeister am Städtischen Theater Trier. Als Mitglied des Turina-Trios wurde er 1998 erster Preisträger des Internationalen Wettbewerbs „Carlo Soliva“ in Casale Monferrato (Italien). Das Musizieren in verschiedenen Kammermusikensembles, Ensembles für Neue Musik und für historische Aufführungspraxis sowie in diversen Orchestern führte zu einer internationalen Konzerttätigkeit. Derzeit unterrichtet Schade im Fach Violine an der Musikschule Tübingen. Als Dirigent leitet er das Kammerorchester Plochingen, das Akademische Kammerorchester Karlsruhe und die „KlangkunstManufaktur“ in Stuttgart.