Donald Trumps „Running Mate“ J. D. Vance diffamiert Kamala Harris als kinderlose „Cat Lady“. Der Harris-Emhoff-Clan reagiert prompt. Wer ist die Familie der designierten Spitzenkandidatin der Demokraten?
Als in den sozialen Medien die Clips von J.D. Vances „Cat Lady“-Kommentar die Runde machten, griff Ella Emhoff in die Tasten und schrieb auf Instagram: „Wie kann man ‚kinderlos’ sein, wenn man so niedliche Kinder hat wie Cole und mich?“ Sie sei von drei Eltern erzogen worden: Von ihrem Vater Doug Emhoff, ihrer Mutter Kerstin und „Momala“ – der Welt bekannt als Kamala Harris, US-Vizepräsidentin und designierte Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei.
Die 59-jährige Harris hat keine leiblichen Kinder. Eine Mutter, stellten die – erwachsenen – Kinder ihres Ehemanns Doug klar, sei sie aber trotzdem. Die Kommentare von Donald Trumps „Running Mate“ Vance, Amerika werde von „kinderlosen Katzenfrauen“ regiert, die mangels biologischen Nachwuchses kein echtes Interesse an einer guten Zukunft des Landes hätten, empörten viele. Sogar die sonst gänzlich unpolitische Schauspielerin Jennifer Aniston machte ihrer Wut über die Aussagen des Republikaners Luft. Statt zurückzurudern, legte Vance noch einen drauf und beharrte auf seinen Aussagen von 2021.
Dass das Private auch politisch ist, gilt wahrscheinlich nirgends stärker als für die USA, wo zuallererst Personen gewählt werden und nur in zweiter Linie Parteien. Nirgendwo sonst spielt das Privatleben eines Politikers eine so große Rolle, ist die Familie ganz selbstverständlich Teil der politischen Inszenierung. Beim Nominierungsparteitag der Republikaner stand am Ende Trump mit seiner kompletten Familie im Konfettiregen auf der Bühne, seine Enkelin Kai hielt eine Rede, in der sie ihren Großvater als netten Opa präsentierte, der sie mitten am Tag anruft, um mit ihr über Golf zu plaudern.
Ähnlich dürfte es bei den Demokraten ablaufen, wenn sie vom 19. bis 22. August Harris auch offiziell zu ihrer Spitzenkandidatin küren. Die Partei hofft, die Stimmen der Wähler aus den bürgerlichen Vororten zu gewinnen, wenn die 59-Jährige ihre private, mütterliche Seite zeigt. Aber wer ist sie, die Patchwork-Familie von Kamala Harris?
Das ist die Familie von Kamala Harris
Doug Emhoff: Er ist der Erste – der erste „Second Gentleman“ in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Mit der Wahl von Biden/Harris 2020 kam mit Kamala Harris die erste Afroamerikanerin und Frau auf den Posten des Vizepräsidenten. Für die Rolle ihres Ehemannes habe es nicht einmal einen Namen gegeben, sagte Emhoff kürzlich in einem Interview. „Wir überlegten dann und dachten, First Lady, Second Gentleman klingt doch ganz gut.“ Der Jurist Emhoff gab seine Anwaltskanzlei in Los Angeles auf, um Interessenskonflikte zu vermeiden, und konzentrierte sich aufs Repräsentieren. Daneben lehrt er Jura an der Georgetown-Universität. Als Berater seiner Frau verstehe er sich nicht, sagt Emhoff. „Ich bin ihr Ehemann, sie hat genug Menschen um sich herum, die ihr Rat geben.“ Mit der First Lady Jill Biden versteht Emhoff sich blind.
Für Emhoff ist es die zweite Ehe: 2009 ließen er und seine erste Frau Kerstin sich scheiden, 2014 heiratete er Harris, die damals noch Generalstaatsanwältin in Kalifornien war. Jetzt förderte das britische Revolverblatt „Daily Mail“ unangenehme Details über seine erste Ehe zutage. Emhoff bestätigte daraufhin CNN, dass er eine Affäre hatte, als er noch mit Kerstin verheiratet war. Seine Familie habe das verarbeitet und sei „jetzt stärker als zuvor“.
Kamala Harris und Doug Emhoff haben eine gute Beziehung zu Kerstin. So gut sogar, dass diese Harris sogar gegen die Kommentare von J. D. Vance in Schutz nahm. „Seit über zehn Jahren, seit Cole und Ella Teenager waren, hat Kamala sie miterzogen“, hieß es in einem Statement, dass Kerstin Emhoff CNN gab. Harris sei „liebevoll“ und „immer präsent“. „Ich liebe unsere Patchworkfamilie und bin dankbar, dass sie ein Teil davon ist.“
Ella Emhoff: Die 25-Jährige als It-Girl zu bezeichnen, ist nicht zu hoch gegriffen – Kamala Harris’ Stieftochter Ella Emhoff steht aber für einen ganz neuen Stil, einen Gegenentwurf zum gängigen Schönheitsideal. Sie trägt kaum Make-up, dafür Pudellöckchen, große Statement-Brillen und „Ugly Sweater“, ihre Achselhaare lässt sie wachsen. Der Prada-Mantel, in dem sie bei der Joe Bidens und Harris’ Amtseinführung der Washingtoner Januarkälte trotzte, wurde im Netz gefeiert.
Sie modelt für Prada und Balanciaga und war in diesem Jahr bei der „Met Gala“, dem New Yorker Society-Event schlechthin, zu Gast. „Harper’s Bazaar“ zählte Ella Emhoff 2022 zu den „Icons of the Year“.
Ella, die im New Yorker Hipster-Stadtteil Bushwick wohnt, hat Textildesign studiert und macht Kunst aus – Achtung, 80er-Alarm – Stickbildern.
Sie steht voll hinter der Kampagne ihrer Stiefmutter, die sie und ihr Bruder „Momala“ nennen, und hat eine Followerschaft, die für „Brat“-Memes und „Coconut“-Videos empfänglich sein dürfte. Schon 2020 stellte sie ihre Stiefmutter beim Nominierungsparteitag der Demokraten vor und nannte sie „die weltbeste Stiefmutter“ und „unseren Felsen“.
Cole Emhoff: Weniger öffentlich präsent ist Ellas älterer Bruder, der 29-jährige Cole. Nach der Amtseinführung scherzte er, er habe Ellas Mantel nach Washington begleitet. Für seine Stiefmutter hat auch er nur Lobpreis übrig. Kamala Harris sei „total einzigartig und besonders“. Ihre politischen Positionen seien immer genauso wie das, was sie auch daheim am Esstisch vertrete. Cole arbeitet wie seine Mutter Kerstin, eine Filmproduzentin, in der Unterhaltungsindustrie.
Im vergangenen Jahr heiratete Cole seine Verlobte Greenley Littlejohn – und bat Kamala Harris, die Zeremonie zu leiten.
Maya Harris: Kamala Harris hat eine enge Beziehung zu ihrer Schwester Maya. Diese ist Juristin wie die Vizepräsidentin und leitete das Wahlkampfteam, als Kamala Harris bei den Präsidentschaftswahlen 2020 als Spitzenkandidatin antrat.
Kamala und die zwei Jahre jüngere Maya wurden von ihrer Mutter erzogen: Shyamala Gopalan wurde in Indien geboren und kam als junge Frau nach Kalifornien, wo sie an der Berkley-Universität ihren Master machte. Harris’ Mutter war eine renommierte Krebsforscherin. Maya und Kamala waren noch klein, als Gopalan sich von ihrem Mann Donald J. Harris, einem Wirtschaftsprofessor aus Jamaika, trennte.
Maya Harris arbeitete als Beraterin für Hillary Clintons Wahlkampfteam, bevor sie für ihre Schwester in den Ring stieg. Harris’ Kampagne war aber nur von kurzer Dauer, sie stieg bereits 2019 aus dem Rennen um die Kandidatur aus und unterstützte dann Joe Biden.
Maya Harris ist mit dem Juristen Tony West verheiratet und hat eine Tochter, die sie mit 17 bekam und zunächst allein groß zog, und zwei Enkeltöchter. 2020 stellte Maya ihre große Schwester beim Nominierungsparteitag der Demokraten vor und sagte: „Gott helfe dem armen Kind, das mich auf dem Schulhof ärgerte – meine Schwester war da wie der Blitz, um mich zu beschützen.“ Ihre Mutter, die 2009 starb, wäre so stolz auf Kamala gewesen.
Meena Harris: Mayas Tochter Meena ist ebenfalls eine leidenschaftliche und sehr präsente Fürsprecherin der Harris-Kampagne. Die Harvard-Juristin, Produzentin und Kinderbuchautorin hat ein Buch über ihre Mutter Maya und ihre Tante Kamala geschrieben. Die Botschaft: Kleine Mädchen können alles sein – sogar Vizepräsidentin.
Ihre Kindheit in einem Frauen-Haushalt (zusammen mit ihrer Mutter, ihrer Großmutter und ihrer Tante) stellt Meena wie eine Episode von „Wonderwoman“ dar: „Es war fantastisch, so aufzuwachsen und die Welt durch die Augen von starken Frauen zu sehen.“ Weil sie das in den Bilderbüchern, die sie ihren Töchtern Amara und Leela vorlas, aber nicht widergespiegelt sah, habe sie beschlossen, selbst Kinderbücher zu schreiben.
In den sozialen Netzwerken ist Meena schon voll im Wahlkampfmodus – und ganz „on message“. Die Demokraten nennen Trump neuestens gerne „weird“, komisch also oder seltsam. Als Trump vergangene Woche bei einem Auftritt vor der nationalen Vereinigung schwarzer Journalisten die Identität von Kamala Harris infrage stellte (der Ex-Präsident sagte: „Ist sie indisch oder ist sie schwarz? (...) Ich glaube, das sollte sich jemand anschauen.“), postete Meena nur ein Wort: „Weirdo“ (Spinner).