Entlang der Böblinger Straße wurde vor zwei Jahren ein von der Fahrbahn baulich abgetrennter Radweg gebaut. Foto: Kai Müller

Auf der Böblinger Straße fahren die Pedaleure gezwungener Maßen wieder auf der Fahrbahn.

S-Süd - Für viele Radfahrer und auch Spaziergänger ist es ein großes Ärgernis. Vor knapp zwei Jahren hat die Stadt entlang der Böblinger Straße zwischen der Feldbergstraße und der Haltestelle Viadukt einen von der Fahrbahn baulich abgetrennten Radweg gebaut. Rund 150.000 Euro hat das Projekt gekostet. Der Pfad werde nicht nur von den Pedaleuren, sondern auch von Spaziergängern gern genutzt, schreibt ein Bürger aus Kaltental. Doch leider sei das derzeit nicht möglich, weil der Weg „auch im zweiten Winter nicht geräumt wird“, heißt es in der Mail an unsere Zeitung.

Er habe beim Fahrradtag auf dem Schlossplatz im Mai sogar Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle auf das Thema angesprochen. „Er meinte, er kenne das Problem und setze sich für eine Lösung ein“, schreibt der Leser. Auch bei dem Fahrradbeauftragten der Stadt, Claus Köhnlein, und Bezirksvorsteher Rupert Kellermann habe er die Sache wiederholt thematisiert. „Doch geschehen ist leider nichts“, so das ernüchternde Fazit.

Zuständig für den Winterdienst ist der Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS). Dort ist das Problem nicht geräumter Radwege bekannt. Es gebe immer wieder mal Beschwerden, schreibt Annette Hasselwander in einer schriftlichen Stellungnahmen. Sie ist zuständig für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim AWS.

„Die Stadträte haben andere Prioritäten gesetzt“

Grundsätzlich gelte, dass Radwege zusammen mit den Fahrbahnen entsprechend der verschiedenen Dringlichkeitsstufen geräumt werden. Radwege auf Gehwegen müssten wie das Trottoir selbst von den privaten Anwohnern von Schnee und Eis befreit werden, heißt es in der Stellungnahme. Baulich abgetrennte Radwege würden nur „innerhalb bebauter Ortslagen“ geräumt. Wenn ein separater Radweg außerhalb bebauter Gebiete vom Winterdienst betreut werden soll, müsse das von den entsprechenden Fachämtern vorgeschlagen und vom Gemeinderat beschlossen werden. Doch bei dem Radweg entlang der Böblinger Straße handle es sich um einen baulich abgetrennten Radweg, für den die Kommunalpolitiker kein Geld für den Winterdienst bereitgestellt haben.

Auch Claus Köhnlein kennt die Sachlage. „Es ist ärgerlich, dass in Stuttgart noch nicht einmal die Hauptradrouten von Schnee und Eis befreit werden“, sagt er. Doch letztlich sei das eine Frage des Geldes. Die Verwaltung habe bereits mehrfach in den Etatberatungen vorgeschlagen, dass Geld für die Räumung der Radwege eingestellt werde. „Doch die Stadträte haben andere Prioritäten gesetzt“, sagt Köhnlein. Nichtsdestotrotz möchte er in diesem Herbst einen neuen Vorstoß wagen. Die Tatsache, dass für die Räumung baulich abgetrennter Radwege außerhalb bebauter Gebiete extra Geld im Doppelhaushalt bereitgestellt werden muss, sei ein Grund dafür, dass er eigentlich die andere Variante bevorzuge. Der Trend gehe zu Fahrradstreifen, die lediglich mit einer weißen Linie von der Fahrbahn abgetrennt sind und automatisch in den Winterdienst einbezogen werden, sagt Köhnlein. Im Fall der Böblinger Straße sei das aber nicht möglich gewesen, weil der Radweg in beiden Richtungen genutzt werden darf. „Aus Sicherheitsgründen brauchten wir da eine bauliche Trennung“, erklärt Köhnlein.

Wenn der Radweg aufgrund von Schnee und Eis nicht nutzbar ist, dürfen die Pedaleure ausnahmsweise wieder auf der Fahrbahn fahren, erläutert der Stuttgarter Fahrradbeauftragte die Rechtslage. Das werde auch rege getan, schreibt unser Leser aus Kaltental. Allerdings würde das die Autofahrer nicht besonders freuen.