Das Mädchen Kalinka starb 1982 unter nicht ganz geklärten Umständen. Foto: dpa

Der angeklagte André Bamberski, leiblicher Vater von Kalinka, soll die Entführung des Stiefvaters der getöteten 14-Jährigen geplant haben. Die Staatsanwaltschaft im elsässischen Mulhouse hat am Freitag eine sechsmonatige Bewährungsstrafe für Bamberski gefordert.

Der angeklagte André Bamberski, leiblicher Vater von Kalinka, soll die Entführung des Stiefvaters der getöteten 14-Jährigen geplant haben. Die Staatsanwaltschaft im elsässischen Mulhouse hat am Freitag eine sechsmonatige Bewährungsstrafe für Bamberski gefordert.

Mulhouse - Im Entführungsfall um den Tod der 14-jährigen Kalinka hat die französische Staatsanwaltschaft in Mulhouse am Freitag eine sechsmonatige Bewährungsstrafe für den Vater des Mädchens gefordert. André Bamberski (76), ein Franzose, soll die Entführung des deutschen Stiefvaters von Kalinka 2009 von dessen Wohnort am Bodensee in das elsässische Mulhouse eingefädelt haben, um ihn in Frankreich vor Gericht zu bringen.

Für zwei Komplizen Bamberskis, einem Georgier und einem Kosovo-Albaner, forderte Staatsanwalt Hervé Robin ein Jahr Haft ohne Bewährung. Die beiden sollen den deutschen Arzt Dieter K (79) ergriffen und nach Frankreich verschleppt haben. Eine österreichische Journalistin soll wegen ihrer Vermittlung zwischen Bamberski und den beiden Männern eine Haftstrafe von drei Monaten auf Bewährung bekommen. Ein Termin für ein Urteil steht noch nicht fest.

Dieter K. verbüßt in Frankreich eine 15-jährige Haftstrafe wegen des Todes Kalinkas vor mehr als 30 Jahren. Ohne die Entführung würde er weiterhin als freier Mann in Deutschland leben. Denn dort waren Ermittlungen gegen ihn schon 1987 aus Mangel an Beweisen eingestellt worden.

"Illegale Handlung im Interesse der Justiz"

Vor dem Gericht in Mulhouse sagte der französische Staatsanwalt einerseits: „Die Angeklagten sind Gauner, und sie haben eine schwere Straftat begangen.“ Eine Entführung sei ein Gewaltakt, Bamberski sei der Anstifter gewesen. Gleichzeitig brachte er dem ehemaligen Wirtschaftsprüfer „menschlich gesehen“ Verständnis für seine Tat entgegen. „Ich bin beeindruckt von Ihrem Mut und Ihrer Beharrlichkeit“ sagte er dem Angeklagten.

Bamberskis Anwalt, Laurent de Caunes, wollte auf Freispruch plädieren. „Ja, die Entführung war eine Straftat, doch diese illegale Handlung geschah im Interesse der Justiz“, sagte er außerhalb des Gerichtssaals.

Der Franzose Bamberski hat den deutschen Stiefvater immer für den Vergewaltiger und Mörder seiner Tochter gehalten. Eine Entführung erschien ihm als das letzte Mittel, um Dieter K. vor die französische Justiz zu bringen. Der Deutsche war 2009 gefesselt, geknebelt, und verletzt in der Nähe des Gerichts in Mulhouse gefunden worden. So konnte die Polizei ihn festnehmen. Bamberski hat diese Selbstjustiz nie geleugnet, allerdings den Begriff vehement zurückgewiesen. Er habe entschieden, den Arzt nach Frankreich „transportieren zu lassen“, sagte er vor Gericht. „Kann man einen Vater für eine Tat verurteilen, die der Justiz ihre Arbeit möglich macht?“, fragte sein Anwalt im Gespräch mit Journalisten.