Schokolade wird wegen hoher Kakaopreise teuer. Ritter Sport aus Waldenbuch erhöht die Preise um bis zu 30 Prozent. Nicht alle Händler wollen das akzeptieren. Bei Rewe und Lidl könnten die Schokotafeln womöglich aus dem Sortiment fliegen.
Wetterextreme haben die Kakaopreise nach oben getrieben und das wirkt sich in den Supermarktregalen aus. Ritter Sport aus Waldenbuch, der wie die gesamte Schokoladenindustrie unter den hohen Rohstoffkosten leidet, hat mit Preiserhöhungen reagiert.
Eine Tafel aus der Reihe „Bunte Vielfalt“ kostet jetzt 1,89 Euro statt 1,49 Euro je 100 Gramm und damit 27 Prozent mehr. Nuss-Tafeln kosten mit 2,19 Euro fast 30 Prozent mehr. „Wir erhöhen die Abgabepreise an Handelspartner. Die entscheiden frei und unabhängig über ihre individuelle Preisgestaltung für Endverbraucher“, sagt Justiziar und Unternehmenssprecher Thomas Seeger. Inwieweit der Handel die „unverbindlichen Preisempfehlungen“ akzeptiert, steht auf einem anderen Blatt. Mit einigen Händlern habe man sich geeinigt, mit anderen seien die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen, sagt Seeger ohne Namen zu nennen.
Offenbar wollen Rewe und Lidl die neuen Preise nicht akzeptieren, denn in deren Märkten gibt es teils Warnungen vor Engpässen beziehungsweise erste Lücken in den Regalen. Womöglich könnte Ritter Sport sogar zeitweise aus deren Sortiment fliegen. Die Verhandlungen mit Handelspartnern wie Rewe oder Lidl sind nach Angaben der „Lebensmittelzeitung“ in den vergangenen Jahren mehrfach eskaliert, sodass Ritter Sport seine Belieferung zeitweise einstellte.
Rund 7000 Euro für eine Tonne Kakao
Mehr als 80 Prozent der Rohstoffkosten entfallen auf Kakao. Weil man bei der Standard-Schokoladentafel weiterhin bei 100 Gramm bleibe und auch keine Abstriche bei der Qualität machen werde, blieben nur höhere Preise, sagt Seeger. Der Preis für eine Tonne Kakao liegt derzeit bei umgerechnet etwa 7000 bis 8000 Dollar (rund 6500 bis 7400 Euro). Das sei das Zwei- bis Dreifache des langjährigen Niveaus von 2000 bis 3000 Dollar (umgerechnet rund 1850 bis knapp 2800 Euro). Die Preise schwanken gewaltig, dieses Jahr lagen sie schon auf dem Allzeithoch – an der New Yorker Börse kosteten Kakaobohnen mehr als 12 000 Dollar je Tonne.
Eine Rückkehr zur jahrzehntelang gewohnten Normalität wird es laut Seeger nicht mehr geben. Er begründet dies mit Wetterextremen durch den Klimawandel, was zu Missernten und einer Verknappung von Rohkakao geführt habe. In den Tropen mache sich der Klimawandel extremer bemerkbar, sagt Seeger. Regen- und Trockenzeiten verschieben sich, fielen teils ganz aus und vor allem auch heftiger. Erfahrungen mit Wetterextremen hat Ritter Sport auch auf der unternehmenseigenen Kakaoplantage in Nicaragua (Mittelamerika) gemacht, die das Unternehmen seit 2013 betreibt.
„Auf unserer Plantage sind wir noch lange nicht soweit, wie wir eigentlich sein wollten“, sagt Seeger. Vor drei Jahren hatte ein Hurrikan viele Pflanzen entlaubt, der Schutz vor der Sonne fehlte, und beschädigte die empfindlichen Pflanzen. Mittlerweile hat man ein Be- und Entwässerungssystem eingezogen, weil der natürliche Regen nicht mehr so zuverlässig oder zu heftig kommt. „Die Plantage stand auch schon meterhoch unter Wasser“, sagt Seeger. Bislang steuert die Plantage einen Bruchteil zur Kakaoversorgung des Unternehmens bei. Bei Vollertrag aller Bäume sollen es etwa 25 Prozent sein. Ritter Sport, 1912 gegründet, verarbeitet jährlich mehr als 10 000 Tonnen Kakao.
Klimakrise hat großen Einfluss
„Die Klimakrise hat einen großen Einfluss auf den weltweiten Kakaoanbau. Extremwetterereignisse wie länger anhaltende Dürreperioden, Starkregen oder Überflutungen führen zu geringeren Erträgen und Qualitäten und sogar zu vollständig zerstörten Ernten. Das treibt die Preise“, heißt es auch bei der Umweltorganisation WWF. Zudem breiteten sich Pilzkrankheiten und Fäule schneller aus. Viele Kakaobäume seien alt und anfälliger für Krankheiten. Der Kakaoanbau habe in vielen Gebieten nur noch eine Zukunft, wenn rechtzeitig die nötigen Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel ergriffen würden. Mehr als 60 Prozent der Kakaoernte stammen aus Westafrika (Elfenbeinküste und Ghana). Weitere Anbaugebiete gibt es in Mittelamerika und Asien. Die Verknappung des Rohstoffs Kakao sei kein temporäres Problem, sagt Seeger.
Mittlerweile sind auch die globalen Kakaovorräte auf dem Tiefstand, die ein wichtiger Puffer bei Missernten sind. In diesem Jahr fehlen Schätzungen zufolge weltweit etwa 400 000 Tonnen Kakao, was die Preise treibt. Allerdings kommen die Rekordpreise nicht bei den Millionen Kleinbauern an – abgesehen von einigen Ausnahmen, wie beispielsweise Ritter Sport, der den Bauern höhere Preise zahlt, wodurch diese wiederum nachhaltiger wirtschaften können und bessere Erträge erzielen.
„Schokolade wird insgesamt teurer werden“, sagt Seeger und ist sich mit anderen Experten einig. Auch der Bundesverband der Süßwarenindustrie (BDSI) blickt nach eigenen Angaben „mit großer Sorge auf die Entwicklung“. Auf der einen Seite gibt es eine Verknappung des für Schokolade nötigen Rohstoffs Kakao, auf der anderen Seite eine steigende Nachfrage nach Schokolade aufgrund der steigenden Weltbevölkerung – das treibt die Preise.
Fast acht Kilo Schokolade pro Kopf
Allein in Deutschland lag der Pro-Kopf-Verbrauch an Schokolade laut Statista 2023 bei 7,89 Kilogramm, 2028 dürften es laut Prognose mehr als 9 Kilogramm sein.
Bei Ritter Sport, der unter anderem wegen zeitweiliger Lieferstopps im Inland einen Absatzrückgang hinnehmen musste, stieg der Gesamtumsatz im Jahr 2023 um fünf Prozent auf 565 Millionen Euro. Rund 60 Prozent entfallen aufs Auslandsgeschäft, bei dem das Unternehmen noch erhebliche Wachstumspotenziale sieht.