Diesen Moment werden einige Badegäste in Australien wohl nicht vergessen: Plötzlich steigt ein Kaiserpinguin aus der Antarktis aus dem Wasser. Eine Weltneuheit, sagen Experten. Aber wie kam es dazu?
3400 Kilometer: Das ist in etwa so weit wie von Stuttgart nach Bagdad im Irak – Luftlinie wohlgemerkt. Soweit ist ein Kaiserpinguin offenbar geschwommen, der vor Kurzem an einem Strand in Australien aufgetaucht ist. Das Tier ist zu einer kleinen Sensation geworden. Denn seine Reise ist außergewöhnlich.
Der Vogel aus der Antarktis war plötzlich an einen Strand nahe des Ortes Denmark im Westen von Down Under gewatschelt – Tausende Kilometer fern seiner eigentlichen Heimat. Experten zufolge handelt es sich um eine Weltneuheit: Nie zuvor ist ein Exemplar dieser Spezies, die eigentlich nur tief in der Region des Südpolarmeers lebt, so weit nördlich gesichtet worden.
Kaiserpinguin in Australien: Vogel wirkte „ziemlich verloren“
Der Vogel wirkte Augenzeugen zufolge ziemlich verloren. „Er versuchte, auf seinem Bauch zu rutschen und dachte wohl, es handele sich um Schnee“, zitierte der Sender ABC einen Anwohner, der gerade am Strand war. „Dabei landete er mit dem Gesicht im Sand, stand auf und schüttelte den ganzen Sand ab.“
Der Mann war mit seiner Familie am Ocean Beach rund 400 Kilometer südlich von Perth, als der seltene Gast aus der Antartkis aus dem Wasser stieg. „Es war riesig, viel größer als andere Seevögel, und wir dachten, was ist das für ein Ding, das da aus dem Wasser kommt?“
Dann sei „Gus“, wie der Pinguin mittlerweile in Anlehnung an Kaiser Augustus genannt wird, direkt auf seine Familie zugewatschelt. „Er war etwa einen Meter groß und überhaupt nicht scheu.“ Kaiserpinguine sind die größte Art aus der Familie der flugunfähigen Seevögel.
Pinguin wird nun aufgepeppelt
Die Forscher gehen davon aus, dass der Pinguin einer Strömung aus der Antarktis nach Norden folgte - direkt nach Australien. Die Tiere neigten dazu, bei der Nahrungssuche bestimmten Strömungen zu folgen, in denen das Angebot besonders groß sei, sagte Belinda Cannell von der University of Western Australia gegenüber ABC. Möglicherweise reichten diese Strömungen derzeit einfach weiter nach Norden als sonst.
Das für Biodiversität und Artenschutz zuständige Ministerium von Westaustralien (DBCA) teilte unterdessen mit, das anfangs ziemlich unterernährt wirkende Tier werde von einer Vogelpflegerin betreut und erhole sich gut. Kein Wunder, dass die kräftezehrende Reise Spuren hinterlassen hat: Gus wiegt etwa 23 Kilogramm. Ausgewachsene Männchen können bis zu 1,40 Meter groß und 40 Kilogramm schwer werden.
„Das Erste, was man bei Wildtieren tun muss, ist, sie zu wiegen. Man muss ihr Gewicht kennen, damit man ihnen die entsprechenden Flüssigkeiten und Medikamente geben kann“, sagte Vogelpflegerin Carol Biddulph. Gus wird in ihrem speziellen Pinguingehege aufgepäppelt. Nicht einmal in ihren kühnsten Träumen hätte sie geglaubt, jemals einen Kaiserpinguin zu betreuen, sagte Biddulph. „Es ist einfach unglaublich. Es ist ein Privileg, Teil der Reise dieses Vogels zu sein.“