Wurf- und nervenstark: Kai Häfner präsentierte sich bei der EM in Weltklasseform Foto: dpa

Er war neben Andy Wolff der Senkrechtstarter der deutschen Handball-Nationalmannschaft bei der EM in Polen. Als Europameister kehrt Kai Häfner am Mittwoch mit dem TSV Hannover-Burgdorf zum Spiel bei seinem Ex-Club Frisch Auf zurück.

Herr Häfner, ist ein Spiel in Göppingen noch etwas Besonderes für Sie?
Es ist zwar schon ein paar Jährchen her, dass ich bei Frisch Auf gespielt habe, aber klar ist es etwas Besonderes, wenn man nur gut 20 Kilometer von seinem Heimatort entfernt ein Bundesligaspiel bestreitet. Da schauen die komplette Familie und viele Kumpels zu. Und diesmal darf ich sogar am Donnerstag für zwei Autogrammstunden in Aalen und Schwäbisch Gmünd in der Region bleiben.
Wenn Ihnen zum Jahreswechsel jemand gesagt hätte, Sie kreuzen als Europameister in der EWS-Arena auf . . .
. . . hätte ich demjenigen empfohlen, zum Arzt zu gehen und sich untersuchen zu lassen. Diesen EM-Triumph in Polen konnte doch kein Mensch erwarten.
Und Sie spielten als Nachrücker eine ganz entscheidende Rolle.
Wahnsinn! Vom heimischen Wohnzimmer aus praktisch über Nacht mittenrein ins Getümmel und dann auch noch Gold gewinnen: Solche Geschichten schreibt nur der Sport. Irre, ein absoluter Traum.
Der Ihr Leben verändert hat?
Na ja, es war nicht unbedingt abzusehen, dass ich plötzlich bei RTL im Frühstücksfernsehen auf dem Sofa sitzen würde (lacht). Es ist schon toll, dass unsere Sportart diese Plattform bekommt. Ich hoffe, dieser Boom lässt nicht nach.
Was war für Sie der emotionalste Moment?
Die Siegerehrung auf dem Podest in der Arena in Krakau war einzigartig. Genauso der begeisternde Empfang in Berlin, und auch die Feier auf dem Marktplatz in Schwäbisch Gmünd verursachten Gänsehaut pur.
Inzwischen hat Sie der Alltag wieder?
Ja, das geht verdammt schnell. Mit meinem Verein TSV Hannover-Burgdorf holten wir in der Bundesliga zwei Unentschieden, da hatten wir uns sicher mehr erhofft.
Zuletzt beim 31:31 gegen den SC Magdeburg hatten Sie wie schon bei der EM mit Toren in der entscheidenden Phase den Punkt gerettet. Woher kommt diese Nervenstärke?
Es freut mich, wenn das so gesehen wird. Es gibt dafür kein Rezept, man kann dies auch nicht lernen. Vielleicht ist es eine Kombination aus einer gewissen Lockerheit und dem Willen, Verantwortung zu übernehmen.
Sie spielten von 2007 bis 2011 unter Trainer Velimir Petkovic bei Frisch Auf. Wurde Ihr Talent während dieser Zeit verkannt, oder waren Sie einfach noch nicht so weit in Ihrer Entwicklung?
Ich will keine schmutzige Wäsche waschen. Nur so viel: Frisch Auf zu verlassen war die beste Entscheidung meiner Karriere. Ich bin auf der Stelle getreten. Um voranzukommen, war es nötig zu gehen. Dazu gehörte auch Mut, denn ich hatte das Angebot, in der gewohnten Umgebung bleiben zu können.
Sie wechselten für drei Jahre nach Balingen.
Das war die goldrichtige Entscheidung. Trainer Rolf Brack gab mir das Vertrauen, endlich bekam ich viele Einsatzzeiten. Und zwar im Rückraum und nicht auf der Rechtsaußenposition, auf der ich in Göppingen meistens spielte, wenn ich zum Einsatz kam. Ich fühle mich nun mal als Rückraumspieler.
2014 war Ihre Rückkehr nach Göppingen wieder ein Thema.
Das war kurz im Gespräch, doch der Wechsel nach Hannover war der richtige Schritt.
In Jens Bürkle haben Sie einen Schüler von Rolf Brack als Trainer.
Sie sind zwei völlig verschiedene Typen, aber Jens hat auch viele wichtige Dinge von Rolf Brack übernommen. Er ist genauso akribisch, dazu super ehrgeizig, ein Top-Fachmann. Dazu noch ein Schwabe. Das macht es für mich in Niedersachsen leichter (lacht).
Ihr nächstes großes Ziel dürften die Olympischen Spiele in Rio sein.
Es ist natürlich eine ganz tolle Geschichte, dass wir uns direkt für Olympia qualifizieren konnten. Ich werde alles dafür tun und weiter alles geben, damit mich Bundestrainer Dagur Sigurdsson für den Kader nominiert. Aber bis dahin ist es noch ein halbes Jahr, und der Sport ist sehr schnelllebig.
2018 läuft Ihr Vertrag in Hannover aus. Göppingens Geschäftsführer Gerd Hofele hält viel von Ihnen – an Fasching trug er ein Nationalmannschaftstrikot mit dem Namen Häfner. Ist eine Rückkehr im zweiten Anlauf ein Thema?
Also das mit dem Trikot habe ich auch gehört. Gerd Hofele outete sich eben als Deutschland-Fan. Was 2018 ist, kann ich nicht sagen. Das ist noch so lange hin. Aber grundsätzlich sollte man niemals Nie sagen.