So genannte Kältebusse sind ein Weg, den Winter für Obdachlose erträglicher zu gestalten. Foto: dpa

Ein warmer Platz für die Nacht allein reicht nicht. Denn Obdachlose leben angesichts der Kälte aus Expertensicht auch tagsüber gefährlich.

Berlin - Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe fordert während der besonders kalten Zeit Aufenthaltsräume für Obdachlose, die auch tagsüber geöffnet haben. Es reiche nicht aus, nur nachts Unterkünfte anzubieten und die Obdachlosen morgens wieder auf die Straße zu schicken, kritisierte Geschäftsführerin Werena Rosenke. „Man kann auch tagsüber erfrieren.“ In vielen Städten gebe es kaum Möglichkeiten, sich tagsüber im Warmen aufzuhalten. „Wir brauchen auch dafür sichere Aufenthaltsräume“, so Rosenke. Vor allem Menschen mit Vorerkrankungen seien bedroht. In dieser Saison habe der Verein deutschlandweit bereits vier Kältetote registriert.

Schätzungsweise 52 000 Menschen leben laut Rosenke auf der Straße. „Viele Großstädte haben die Notversorgung im Winter ausgebaut. Ob das reicht, steht auf einem anderen Blatt“, so Rosenke. Zudem gehe es nicht nur darum, ausreichend Plätze zu stellen. Diese müssten auch sicher und menschenwürdig sein und ein Mindestmaß an Privatsphäre bieten. „Ich kann nicht acht fremde Menschen zusammen in einem Zimmer unterbringen“, so die Expertin. Auch für obdachlose Frauen, die häufig bereits Gewalterfahrungen gemacht hätten, sei oft nicht genügend gesorgt. Viele Obdachlose mieden Notunterkünfte, da sie sich dort nicht sicher fühlten.

Rund 860.000 Menschen ohne eigene Wohnung

Darüber hinaus sei häufig auch das Mitbringen von Hunden nicht erlaubt - für viele Obdachlose der letzte Freund. „Es kann nicht sein, dass ich mich zwischen Tier und Übernachtungsplatz entscheiden muss“, so Rosenke. Dabei gebe es bereits verschiedene Angebote, die beides zuließen.

Die Obdachlosen sind laut Rosenke nur die Spitze des Eisbergs bei der Wohnungslosigkeit. In Deutschland leben demnach rund 860 000 Menschen ohne eigene Wohnung, davon 440 000 Flüchtlinge, die oft in Heimen bleiben müssen, obwohl ihnen eigene vier Wände zustünden. Auch von den anderen Wohnungslosen lebe ein Teil in speziellen Heimen, die oft von den Kommunen gestellt werden. „Wieder andere kommen bei Freunden oder Verwandten unter“, so die Geschäftsführerin.

Es werde immer schwerer, den Umzug in eine Wohnung zu schaffen. Grund sei der akute Mangel an Wohnungen im Niedrigpreissektor. „Wir hatten schon Zeiten, in denen es deutlich mehr Arbeitslose und andere Empfänger von Sozialleistungen, aber weniger Wohnungslose gab, weil einfach mehr Wohnungen zur Verfügung standen“, so Rosenke. Das Problem betreffe nicht nur Großstädte.