Der Streit wegen der Bebauung des Kaelble-Areals ist nicht die erste Auseinandersetzung zwischen der Stadt und der Firma Riva. Foto: Pascal Thiel

Die Backnanger Firma Riva präsentiert Ideen für das zentral in der Stadt gelegene Kaelble-Areal, das sie vor rund einen Jahr erworben hat. Unter anderem sollten eine Moschee und eine Hochzeitshalle gebaut werden.

Backnang - Zusammen mit dem deutschen Stararchitekten Helmut Jahn hat der Patriarch der Backnanger Firma Riva, Hermann Püttmer, Ideen für die Bebauung des Kaelble-Areals sowie einiger benachbarten Grundstücke präsentiert, die ebenfalls dem Unternehmen gehören. Im Gespräch sind unter anderem eine Moschee mit Hochzeitshalle, ein Hotel sowie ein Hochschulcampus. Jahn hat sich in der Vergangenheit mit mehreren internationalen Bauten weltweit Anerkennung verschafft, etwa mit dem Frankfurter Messeturm und dem Sony Center in Berlin.

Falls Püttmer erwartet hatte, dass die Backnanger Kommunalpolitiker wegen der Vorschläge Beifall zollen, hat er sich getäuscht. Der Oberbürgermeister Frank Nopper und viele Stadträte fühlen sich wohl eher verschaukelt. Der Rathauschef sagt, er sei zu dem Gespräch gar nicht eingeladen gewesen. Püttmer behauptet das Gegenteil, es sei eine mündliche Einladung ausgesprochen worden.

Stadt: „überfallartige Vorstöße und persönliche Angriffe“

Es sei zwar schön, erklärt ein verärgerter Nopper, wenn sich ein Stararchitekt in Backnang engagieren wolle. Aber es sei noch schöner, wenn solche Überlegungen für ein wichtiges Innenstadtquartier mit Vertretern der Stadtverwaltung erörtert würden. Es gehe nämlich nicht nur um Architektur, „sondern auch um die verträgliche Gesamtentwicklung einer Stadt“. Die städtebauliche Aufwertung des Areals Wilhelmstraße/Friedrichstraße/Mühlstraße sei für Backnang „von herausragender Bedeutung“. Nopper fordert eine „vertrauensvolle Abstimmung“ mit dem Gemeinderat und geißelt den Alleingang der Firma Riva. Von einer Moschee mit Hochzeitshalle sei bis dato nie die Rede gewesen.

Die Verwaltung sei zu vernünftigen Gesprächen mit Püttmer bereit. Die Stadt verwahre sich aber gegen „überfallartige Vorstöße und persönliche Angriffe“, heißt es in einer Stellungnahme der Kommune. Backnang sei offen „für Neues und Unkonventionelles“. Deutliche Worte findet der Pressesprecher der Stadt Backnang, Hannes Östreich: Püttmer habe wiederholt Amtsleiter und Bürgermeister beleidigt, Östreich spricht von „Vollwahnsinn“.

Riva: „Backnang soll am Ende der Nutznießer sein“

Der Pressesprecher der Firma Riva, Witold Buenger, erklärt auf Anfrage, dass es sich keinesfalls um ausgereifte Pläne handele, die jüngst präsentiert worden seien. Und er gibt zu, dass das „öffentliche Nachdenken“ zusammen mit dem Architekten Jahn womöglich „nicht der richtige Weg“ gewesen sei. Vielleicht, sagt er, „waren wir zu naiv“. In einer schriftlichen Stellungnahme der Firma Riva ist auch von einem Missverständnis die Rede.

Püttmer und Jahn seien nicht nur Geschäftspartner, sondern Freunde. Der Architekt sei vor Ort erstmals „mit den Flächen konfrontiert“ worden. Bei dem Treffen sei schnell klar geworden: „Helmut Jahn und Riva möchten, dass Backnang am Ende der Nutznießer ist.“ Man wolle Orte schaffen, „an die Menschen gerne kommen“, dabei spielten finanzierbares Wohnen und die Integration der Murr eine wichtige Rolle. Nachgedacht werde auch über moderne Architektur, etwa ein Hochhaus, und über einen sakralen Ort, etwa eine Moschee. Es handele sich nur um Ideen, die nun geprüft würden. Stehe das Konzept, so werde der Stadt ein Plan vorgestellt, „gemäß des gesetzlichen Wegs“.

Martin Tschepe kommentiert: Viele Verlierer

Das Tischtuch zwischen der Stadt Backnang und dem Investor Riva ist nun wohl vollends zerschnitten. Und ob es sich jemals wieder zusammennähen lassen wird, das bleibt abzuwarten. Die beiden Seiten kommen bei den Überlegungen für die Zukunft des Kaelble-Areals nicht auf einem gemeinsamen Nenner.

Wer hat Schuld? Das können Außenstehende nicht mit letzter Sicherheit beantworten. Vieles spricht indes dafür, dass der Riva-Firmenpatriarch die Hauptverantwortung trägt. Er hat schon in der Vergangenheit recht deutlich gemacht, dass er nicht einsehen will, dass ein Eigentümer mit seinen Besitztümern nicht immer alles machen kann, was er gerne will.

Der Streit zwischen der Stadt und der Firma Riva bedeutet Stillstand für das ehrgeizige Bauprojekt auf dem etwa sechs Hektar großen Filetgrundstück. Fast alle Beteiligten sind die Verlierer. Riva kann ohne eine Verständigung mit der Stadt nicht bauen. Der OB und die Bürger werden bis auf Weiteres mit den maroden Gebäuden mitten in der Innenstadt leben müssen.