Reinhard Birkenstock, Anwalt von Wettermoderator Jörg Kachelmann, betritt am Montag in Begleitung seiner Frau Johanna Birkenstock zum Prozess das Landgericht in Mannheim. Foto: dpa

Im Prozess sehen sich Jörg Kachelmann und seine Ex- Geliebte noch einmal in die Augen.

Mannheim - Für den zweiten Verhandlungstag hatte das Gericht die Sitzordnung geändert, und so saßen sie sich im fensterlosen Saal 1 des Mannheimer Landgerichts noch einmal direkt gegenüber: der Fernsehmoderator Jörg Kachelmann und seine ehemalige Geliebte, die er vergewaltigt haben soll. Beiden ist die Anspannung deutlich anzusehen, als sie am Montag um kurz nach neun Uhr in den Gerichtssaal kommen. Die Frau, die in den Medien meist „Sabine“ genannt wird, schaut zu Kachelmann hinüber. Kachelmann hingegen schaut ins Leere. Er ist in Anzug und Krawatte erschienen, wie am ersten Verhandlungstag vor einer Woche. Er wirkt seltsam gedämpft, wie ein Schüler sitzt er neben seinem schier raumfüllenden Verteidiger Reinhard Birkenstock. Als er nach Name, Beruf und Familienstand gefragt wird, ist er kaum zu verstehen. Es scheint zumindest numerisch ein Ungleichgewicht zwischen den beiden Seiten des Saals: Links die Nebenklägerin mit ihrem eher zurückhaltenden Anwalt, daneben der junge, schmale Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge mit langer Lockenmähne. Auf der anderen Seite Kachelmann und sein Anwaltsteam, neben Birkenstock nun auch der Karlsruher Strafverteidiger Klaus Schroth, dazu Medienanwalt Ralf Höcker.

Gleich zu Anfang stellt die Verteidigung den Antrag, auch Birkenstocks Ehefrau als Hilfsperson zuzulassen, mit der Aufgabe, „in der Ausnahmesituation eines derartig intensiv von den Medien beobachteten Prozesses Herrn Kachelmann in den Pausen zu betreuen“. Hastig verliest Oltrogge die Anklageschrift. Als „Sabine“ sich von ihm trennen wollte, habe Kachelmann zum Küchenmesser gegriffen. Er habe sie ins Schlafzimmer gedrängt und gesagt: „Halt die Klappe, oder du bist tot!“ Während der Vergewaltigung habe Kachelmann ihr das Messer an die Kehle gedrückt und ihr zeitweise Mund und Nase zugehalten.

Nach der Verlesung der Anklage verlässt „Sabine“ den Gerichtssaal. Sie hätte zwar als Nebenklägerin das Recht, im Prozess anwesend zu sein, soll jedoch erst am neunten Verhandlungstag, dem 13. Oktober, als Zeugin vernommen werden. Genau daran stört sich Kachelmanns Verteidigung. Birkenstock beantragt, die Frau zuerst zu hören. „Wir sind in einer Situation, in der alles danach schreit, dass jetzt Frau D. gehört wird“, sagte Birkenstock. „Ich kenne keine Verhandlung, in der nicht nach der angeklagten Person zuallernächst derjenige gehört wird, der behauptet, verletzt worden zu sein.“ Schon in der umfangreichen Begründung stellt Birkenstock die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers infrage: „Frau D. ist eine Frau mit gewaltiger manipulativer Potenz.“ Die geplante Vernehmung zahlreicher Ex-Geliebter diene vor allem dazu, Kachelmann noch vor der Vernehmung des mutmaßlichen Opfers in ein schlechtes Licht zu rücken.

In der Tat ist die Reihenfolge der Vernehmung ungewöhnlich. Staatsanwalt Oltrogge sagt nach der Verhandlung, dies liege ausschließlich an Terminproblemen: Ein Gutachter, der die Aussage des mutmaßlichen Opfers bewerten solle, sei bis zum 13. Oktober verhindert. Kachelmann selbst sagt in der Verhandlung nichts zum Vorwurf der Anklage. Lediglich seine Aussage vor dem Haftrichter wird verlesen. Darin schildert er seine Version der Nacht vom 8. auf den 9. Februar. „Sabine“ habe ihn bereits leicht bekleidet erwartet. So sei es verabredet gewesen. Sie habe Handschellen und eine Reitgerte bereit liegen gehabt. Dann sei es zum Sex gekommen, einvernehmlich, ohne Kondom. Hinterher hätten sie auf dem Sofa zu Abend gegessen. Erst dann habe ihn „Sabine“ mit den Flugtickets konfrontiert, die auf ihn und eine andere Frau ausgestellt waren. Er habe zugegeben, dass es Verhältnisse mit anderen Frauen gab. Daraufhin habe sich seine Geliebte von ihm getrennt. „Wir haben uns normal und sicher emotional verabschiedet.“ Der Prozess soll am Mittwoch fortgesetzt werden.