Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und David Müller, Kabinettschef des EU-Haushaltskommissars Hahn, bei der auswärtigen Kabinettssitzung Foto: Marijan Murat/dpa/Marijan Murat

In Zukunft sollen nicht mehr vor allem strukturschwache Regionen gefördert werden. Baden-Württemberg will auch die „Stärken stärken“.

Baden-Württemberg fürchtet, im internationalen Wettbewerb den Anschluss zu verlieren. Das Geld aus den Fördertöpfen der EU sei bisher vor allem in die wirtschaftlich schwächeren Regionen Europas geflossen, kritisiert die Stuttgarter Landesregierung, das müsse sich angesichts der zunehmend starken Konkurrenz aus den USA und China in Zukunft ändern.

Innovation fördern

„Wir müssen auch die Stärken stärken“, forderte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Rand einer alljährlichen Kabinettssitzung in Brüssel. Europa könne im globalen Wettbewerb nur mit wirtschaftlich starken Regionen und deren „leistungsfähigen innovativen und industriellen Netzwerken“ bestehen. Zu diesem Zweck müssten die Ausgaben im EU-Haushalt, dem sogenannten mehrjährigen Finanzrahmen, nachjustiert werden.

Kretschmann forderte, dass etwa Beihilferegelungen vereinfacht und flexibler gestaltet werden müssten. Dadurch könnte auch das wirtschaftlich starke Autoland Baden-Württemberg auf mehr Fördergelder aus den EU-Töpfen hoffen. Wichtig seien aber auch größere rechtliche Spielräume, um selbst Unternehmensansiedlungen zu unterstützen. Zu diesem Thema werde die Landesregierung der EU-Kommission in den nächsten Wochen konkrete Vorschläge vorlegen, sagte Kretschmann.

Weniger Sorgen macht sich der Regierungschef um die großen Firmen im Land, die oft zu den Weltmarktführern zählen. Die kleinen und mittleren Unternehmen aber würden schwer unter dem aktuellen Transformationsdruck leiden. Das gelte etwa für die vielen Autozulieferer, die sich angesichts der Entwicklung in Richtung Elektromobilität in kürzester Zeit neu aufstellen müssen.

Kooperation mit der Schweiz

Die erfolgreiche „grüne und digitale Transformation“ wichtiger Industriebranchen sei ein Schlüssel für die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten EU, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichen Positionspapier der Landesregierung. Das sichere nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch das „Erreichen der globalen Klimaneutralität“.

Um gegen die internationale Konkurrenz bestehen zu können, will Kretschmann auch eine stärkere und gezieltere EU-Förderung von zukunftsträchtiger Forschung und Innovation. Im Mittelpunkt müsse dabei die Vernetzung von sogenannten Exzellenzzentren stehen, die einen entscheidenden Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit ganz Europas darstellten.

Konkret forderte Kretschmann in Brüssel, die Schweiz wieder in das EU-Forschungsprogramm Horizont Europa aufzunehmen. Das sei vor allem für Baden-Württemberg als innovative Region wichtig, die mit der Schweiz grenzüberschreitend in vielen Forschungsbereichen wie der künstlichen Intelligenz oder bei der Entwicklung von Hochleistungsrechnern zusammenarbeite, erklärte der Regierungschef.

Die Zusammenarbeit mit der Schweiz war von Brüssel gestoppt worden, da die Regierung in Bern die Annäherung des Landes über ein institutionelles Rahmenabkommen einseitig abgebrochen hatte. Die Fortführung der Forschungskooperation mit den exzellenten Schweizer Hochschulen sei auch im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit Europas, unterstrich Kretschmann in Brüssel.