Franziska Giffey, Horst Seehofer und Julia Klöckner (von links) erläuterten am Mittwoch den beschlossenen Zwölf-Punkte-Plan. Foto: AFP

Die Förderung strukturschwacher Regionen soll umgestellt werden, so dass Fördermittel nicht mehr vorrangig in den Osten fließen. Am Mittwoch hat das Bundeskabinett einen Zwölf-Punkte-Plan beschlossen.

Berlin - Der Bund will in den kommenden Jahren die Förderung strukturschwacher Regionen umstellen, so dass Fördermittel nicht mehr vorrangig in den Osten fließen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch einen Zwölf-Punkte-Plan, den Bundesinnen- und Heimatminister Horst Seehofer (CSU), Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Familienministerin Franziska Giffey (SPD) anschließend erläuterten.

Er basiert auf Ergebnissen der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“. Dem Bericht zufolge ist die Kluft zwischen prosperierenden und wirtschaftlich schwachen Regionen erheblich. Das zeigt sich bei der Erreichbarkeit von Ärzten, Schulen, Einkaufsmöglichkeiten oder Krankenhäusern, im Nahverkehr oder beim Haushaltseinkommen, das nach wie vor fast im gesamten Osten und äußersten Westen niedriger ist als im Rest der Republik.

Struktur- und Förderpolitik könne sehr viel dazu beitragen, die Lebensverhältnisse anzugleichen, sagte Seehofer. Das dauere aber und werde in den kommenden zehn Jahren zweistellige Milliardenbeträge erfordern. Die Unterstützung, die bisher primär in den Osten geht, soll nach dem Auslaufen des Solidarpakts II zum Ende des Jahres auf ein gesamtdeutsches Konzept umgestellt werden. Seehofer sagte: „Wir fördern künftig nicht mehr nach Himmelsrichtungen, sondern nach dem Bedarf.“

Wegzug junger Menschen soll gebremst werden

Die Wirtschaftsförderung und Verbesserungen im Schienen- und Nahverkehr sollen künftig auf strukturschwache Räume konzentriert werden. Damit soll der Wegzug junger Menschen gebremst und der Überalterung entgegengewirkt werden. Der Bund will mehr Behörden und Forschungseinrichtungen jenseits der Ballungsräume ansiedeln.

Er ist auch bereit, sich einmalig an der Entschuldung von Kommunen zu beteiligen, sofern darüber ein Einvernehmen erzielt wird. Seehofer stellte aber klar, dass der Bund nicht einfach die Altschulden von Kommunen übernehmen werde. Man wolle mit Ländern und Kommunen reden. Schnelles Internet und die Förderung des Ehrenamts in ländlichen Regionen stehen ebenfalls auf dem Zwölf-Punkte-Plan des Bundes. Die Einrichtung einer Bundesstiftung zur Förderung des Ehrenamts mit Sitz in einem ostdeutschen Bundesland wurde vom Kabinett schon beschlossen.

Familienministerin Giffey sprach von „einer Art Solidarpakt III“. Der Osten werde weiterhin stark gefördert, es gebe aber auch im Westen Regionen, die unterstützt werden müssten. Der Präsident des Deutschen Städtetags und Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) begrüßte, dass es künftig ein gesamtdeutsches Fördersystem geben solle. Es werde „keine Wunder bewirken“, schwachen Kommunen aber helfen.

Abschlussbericht im Juli

Jung kritisierte aber, dass der Bund die Länder und kommunalen Spitzenverbände vor vollendete Tatsachen stelle. Ursprünglich sei ein gemeinsamer Bericht der Kommission vorgesehen gewesen. Er forderte den Bund auf, zu sagen, welche Finanzmittel er zusätzlich zur Verfügung stellen wolle.

Die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ unter dem Vorsitz des Innenministeriums war vor einem Jahr eingerichtet worden und sollte in diesem Juli ihren Abschlussbericht vorlegen. Ihr gehörten Vertreter des Bundes, aller Bundesländer und die kommunalen Spitzenverbände an.

Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, erinnerte daran, dass nicht allein wirtschaftliche und technische Hilfen für bessere Lebensverhältnisse sorgen. „Was wir ebenso dringend brauchen, sind Orte der Begegnung“, sagte er. Das wisse man aus der Arbeit der Pflegedienste und vieler Ehrenamtlicher. Wenn die Infrastruktur und digitale Angebote ausgebaut würden, sei das gut. Es müssten aber auch die Menschen geschult werden, die damit umgehen müssten.