Erhat Toka (links) darf Dieter Nuhr weiter einen „Hassprediger“ nennen Foto: dpa

Dieter Nuhr hat gewonnen und verloren. Sein Kritiker Erhat Toka darf Nuhrs Foto nicht mehr verwenden. Hassprediger darf der Muslim den Kabarettisten aber nennen.

Stuttgart - Es ist ein Kleinkrieg, der bundesweit für Aufsehen und für ungezählte Kommentare gesorgt hat. Im Herbst vergangenen Jahres hatte der Osnabrücker Muslim Erhat Toka den Grimme-Preis-Träger Dieter Nuhr wegen Beschimpfung von Religionsgemeinschaften angezeigt. Jetzt haben die Stuttgarter Anwälte Nuhrs vor der 17. Zivilkammer des Landgerichts lediglich einen Teilerfolg gegen Toka errungen.

Toka, Deutscher mit türkischen Wurzeln, der vor mehreren Jahren erfolglos bei den niedersächsischen Kommunalwahlen für eine muslimische Partei kandidiert hat, wirft Dieter Nuhr „Hetze“ vor. Die „Neue Osnabrücker Zeitung“ zitierte Toka mit den Worten, er habe nichts dagegen, wenn sich jemand über den Islam lustig mache. Dieter Nuhr betreibe jedoch unter dem Deckmantel der Satire eine „blöde, dumme Hetze“ gegen eine gesellschaftliche Minderheit. Toka schritt zur Tat und erstattete Anzeige, die allerdings umgehend eingestellt wurde.

Mit dem Strafantrag gegen den Kabarettisten hatte der Osnabrücker eine ganze Welle losgetreten. Bundesweit geißelten Kommentatoren und Künstler das Tun Tokas als Angriff auf die Freiheit der Kunst. In sozialen Netzwerken wie Facebook erfuhr Nuhr breite Unterstützung, sein erstes Posting wurde in kurzer Zeit rund 80 000 mit „gefällt mir“ markiert.

Medienprofi Nuhr griff die Sache bei seinen Fernsehauftritten und auf seiner Facebook-Seite auf. „Bin von Islamisten als Hassprediger angezeigt worden, weil ich den Koran richtig zitiert habe. Bitte um regelmäßige Besuche im Gefängnis.“ Natürlich bekam der TV-Star auch reichlich Beifall aus der rechten Ecke, wovon sich Dieter Nuhr mehrfach distanzierte.

Toka hatte sich vor allem am Inhalt eines Youtube-Videos gestoßen, in dem Nuhr den Islam satirisch aufs Korn nimmt: „Hand ab bei Diebstahl – das hat ja was für sich. Da klaut einer zweimal, aber dritten Mal wird’s schwierig.“ Toka argumentiert, er verstehe nicht, warum er Nuhrs Programm nicht auf den Verdacht der Hetze hin juristisch prüfen lassen dürfe. Es widerspreche dem Rechtsstaat, ihm dieses Recht zu verwehren.

Nun also das Landgericht Stuttgart. Nuhr Anwälte hatten bei der 17. Zivilkammer eine Unterlassungserklärung Erhat Toka beantragt.

Toka hatte auf seine Internetseite ein Porträtfoto Nuhrs in ein Verbotsschild montiert. Der Antrag Nuhrs: Der vollbärtige Osnabrücker habe es zu unterlassen, Nuhrs Foto zu verwenden und er dürfe den Kabarettisten nicht mehr „Hassprediger“ nennen. Die Richter haben einen Spagat gemacht. Sie verurteilten Toka am Dienstag es zu unterlassen, „Bildnisse des Klägers ohne dessen Zustimmung öffentlich zur Schau zu stellen“. Bei Zuwiderhandlung droht Toka ein Ordnungsgeld von 250 000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten.

Beim zweiten Punkt scheiterte Nuhrs Antrag. Erhat Toka darf den Kabarettisten weiter einen „Hassprediger“ nennen. Das sei nicht zu beanstanden. Die Verwendung des Begriffs verletzte nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, so die Richter der 17. Kammer. Bei der Abwägung obsiege in diesem Fall die Meinungsfreiheit über das Persönlichkeitsrecht. Soll heißen: Nuhr teilt in diesem Meinungskampf deftig aus, Toka schlägt deftig zurück. Das muss der TV-Mann nach Ansicht der Stuttgarter Richter hinnehmen. „Die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik ist noch nicht überschritten“, erläutert Landgerichtssprecher Bernhard Schabel.

Da sich die beiden Parteien die Kosten des Rechtsstreit fast hälftig teilen, können beide in Berufung gehen. Dann müsste sich das Oberlandesgericht mit dem Streit Nuhr gegen Toka oder Toka gegen Nuhr befassen.