Helga Becker alias „Frau Nägele“ ist im Bürgersaal zur Höchstform aufgelaufen. Foto: Werner Kuhnle

Der Verein „Mutmachen“ sammelt für eine große Veranstaltung im Sommer in Murr (Kreis Ludwigsburg) Spenden. Ein Kabarettabend am Freitag trug seinen Teil dazu bei. Es wurde dabei aber nicht nur viel gelacht.

Der Verein „Mutmachen“ hat hehre Ziele. Die Initiatoren wollen ein starkes Verbundenheitsgefühl in der Bevölkerung schaffen und einen Kontrapunkt gegen die vielen Negativ-Schlagzeilen in den Medien setzen. Herzstück des Projekts sollen die Mut-Mach-Tage vom 27. bis zum 29. Juni auf dem Murrer Hermannsplatz sein. Dafür mobilisiert der Verein seit Monaten Spenden und sucht Sponsoren. Am Freitag gab es in diesem Zusammenhang eine Benefiz-Show im Murrer Bürgersaal mit Helga Becker. Eine Künstlerin, die quasi zur zweiten Lebenshälfte ihre Karriere als Alleinunterhalterin gestartet hat.

 

Gemeinsam mit ihr hat der Verein nun etwas erreicht, was es so zuvor offenbar noch nie gegeben hat: „Ein ausverkaufter Bürgersaal bei dieser Art von Bestuhlung – das ist uns allen mit der heutigen Veranstaltung zum ersten Mal geglückt“, freute sich der Initiator der Mut-Mach-Tage Jens Kreutzer bei der Begrüßung der Gäste. Im Tandem mit Dennis Dibke – beide sind im Vereinsvorstand – stellte Kreutzer das Projekt den Besuchern näher vor, das Impulse für Lebensfreude und Mut für ein gelungenes Miteinander bieten soll und sich mit dem erhofften Gewinn gleich an zwei soziale Adressen richtet: Jeweils zur Hälfte sollen der Förderverein der örtlichen Lindenschule wie auch die ökumenische Hospizgruppe Steinheim-Murr-Erdmannhausen unterstützt werden.

Seit Kreutzer die Idee der Mut-Mach-Tage in die Umsetzung gebracht hat, läuft das Projekt allem Anschein nach wie am Schnürchen. „Überall tun sich Türen auf und Menschen bieten ihre Hilfe an“, hatte Kreutzer vor Kurzem erst gesagt. Der neuerliche Beweis für dieses Phänomen zeigte sich am Freitagabend mit Helga Becker. Sie ist seit einigen Monaten als Archivarin für die Gemeinde Murr tätig und hatte bereitwillig ihre Form der Unterstützung für das Projekt angeboten: eine Benefizshow mit ihr in der Rolle der beliebten Kunstfigur „Frau Nägele“, die inzwischen als Privatermittlerin ihr Unwesen treibt. Wer die Frau kennt, weiß, dass bei ihren Bühnenaktivitäten die Lachmuskeln besonders gern strapaziert werden. Mit ihrem schauspielerischen Talent aber katapultierte Becker nicht allein das Belustigungslevel nach oben, auch das Wir-Gefühl kurbelt die Bühnenkünstlerin, die sich im Tête-à-Tête mit ihrem begeisterten Publikum im Nu zur Rampensau im besten Sinne des Wortes entwickelt, auf nachhaltige und sympathische Weise an.

Gegen Donald Trump gab es am Freitag in Murr einen Seitenhieb. Foto: AP/Mark Schiefelbein

Ein Tatbestand, der ganz im Sinne der Mut-Mach-Akteure sein dürfte. Becker alias Frau Nägele liebt die spontane Interaktion mit ihren Zuschauern und befördert das kesse Verbal-Pingpong, indem sie sich „Sparring-Lieblinge“ auswählt, die die heitere Stimmung im Saal noch einmal sprunghaft befördern. Doch zum Einstieg in ihren Auftritt wählte die „Emma Peel from The Land“, die sich im Rampenlicht in ihrem ganz natürlichen Element wähnt, eher nachdenkliche Worte, wie gewohnt im schwäbischem Zungenschlag: „Den Mut, den haben wir jetzt alle nötig“, wandte sie sich ans Publikum und erklärte in Anlehnung an die Inthronisierung von Donald Trump: „Weil nämlich seit Montag dieser Fred-Feuerstein-Verschnitt wieder im Amt ist, der nun meint, tun und lassen zu können, was er will“.

Doch nicht lange und Becker setzte gezielt zum Angriff auf das Zwerchfell an. Sie begrüßte die Anwesenden, die sich bei der forschen Ankündigung, Teilnehmer eines Ermittler-Seminars zu sein, beinahe verschluckt hätten. Denn die beflissene Frau Nägele, eigentlich die Perle vom Archiv, ist zwischenzeitlich ja zur Strafverfolgerin mutiert und ermittelt, was das Zeug hält. Dabei geht sie lustvoll jedem Verbrechen nach. Entsprechend überambitioniert rüstet sie auch die Zuhörenden mit profunden Tipps aus oder warnt etwa, bei der Partnerwahl aufzupassen: „Denn ein Mann, der im Möbelhaus bestellt, ist einem Ikea-Käufer oder Selbstbastler unbedingt vorzuziehen“, sagte sie mit gewichtiger Stimme. „Weil Heimwerker sind für uns Frauen viel gefährlicher – wegen des vorhandenen Werkzeugs im Haus.“

Großer Beifall für die Rückkehr auf die Bühne

In eine Ehrfurcht einflößende Lederkombi gekleidet, erschien das „private Ermittlungskäpsele“ unter großem Beifall schließlich im zweiten Teil auf der Bühne und gab dabei ihr Wissen als Bloggerin weiter: in vier Lektionen, die sich etwa Themen wie der Spurensicherung, der Tatortreinigung oder auch der Tatwaffen-Expertise á la Frau Nägele näherten. Dass sie dabei auch als Sängerin zur Hochform auflief, goutierten die Zuschauer völlig hingerissen und feuerten durch ihre begeisterte Reaktion die Künstlerin stetig an: diese kombinierte mit einer gewitzten Schlabbergosch Wortwitz und Kalauer, schwäbische Schlauheiten und übersteigerte Ratschläge sowie Gassenhauer, die sie auf das kriminalistische Thema abstimmte und mit großem choreografischen Einfallsreichtum präsentierte. Ein ausgelassener Spaß für einen guten Zweck.