Auch eine nachgebaute Gefängniszelle kann besichtigt werden. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Die Justiz ist die dritte Gewalt im Staat. Am Mittwoch gaben das Oberlandesgericht und das Landgericht Stuttgart jungen Menschen einen Einblick. Da spielte auch ein seltsamer Fall eine Rolle.

Stuttgart - „Es gibt Fälle, die spielt nur das Leben“, beginnt Johannes Fridrich, Richter am Landgericht Stuttgart. Die Zuhörer im Saal 10 des Oberlandesgerichts Stuttgart sind gespannt, was er damit meint. Es sind Schüler und Erwachsene, die am Mittwoch zum Informationstag „Justiz erleben“ des Oberlandesgerichts und des Landgerichts Stuttgart gekommen sind. „In unserem Fall geht es um den Katzenkönig. Wer hat eine Idee, was das ist?“, fragt Fridrich.

Auch in der Justiz wird Nachwuchs gesucht

Natürlich hat noch nie jemand im Publikum von dem Katzenkönig gehört, doch die Anwesenden raten fleißig. Der Fall aus den späten 80er Jahren erweist sich als knifflig. Es geht um versuchten Mord. Fridrich schildert: Um C davon zu überzeugen, D zu töten, erfanden A und B den Katzenkönig, der seit Jahrtausenden das Böse verkörpere. A und B erklärten C, er müsse dem Katzenkönig D als „Menschenopfer“ bringen, da er sonst Millionen von Menschen vernichten würde. Doch der Mordversuch schlug fehl. Nun überlegen die Anwesenden, wie A, B und C bestraft werden sollen. Fridrich gibt Paragrafen und Tipps an die Hand.

Neben vielen Gerichtssälen im Oberlandesgericht leuchten hell die Lettern „öffentlich“. Mehr als 300 Schüler sowie Erwachsene nutzen den Informationstag „Justiz erleben“, um die Stuttgarter Gerichte selbst kennen zu lernen. „Heute möchten wir das Gericht für junge Menschen erfahrbar machen und ihnen Einblicke in die Berufe im Rechtsbereich geben“, sagt der Präsident des Oberlandesgerichts Stuttgart Franz Steinle. Was ein Richter ist, wisse jeder, „aber wissen Sie auch, welche Aufgaben eine Justizfachangestellte oder ein Rechtspfleger in ihrem Beruf erledigen?“, fragt Steinle. Auch in der Justiz werde Nachwuchs gesucht. Deshalb können sich die Besucher an Informationsständen über die Berufsmöglichkeiten informieren.

Schüler schlüpfen in die Rolle von Anwälten

Für die Besucher gibt es geführte Rundgänge durch das Justizviertel oder Kurzvorträge zu Themen wie „Kiffen, koksen, K.O.-Tropfen – Drogen und ihre Folgen“, „Heute gestreamt, morgen abgemahnt?“ oder „Geheimnisse der Staatsanwälte“. Neugierige können eine nachgebaute Gefängniszelle besichtigen, öffentliche Verhandlungen besuchen, sich zur Rechtsvorsorge über „General- und Vorsorgevollmacht“ oder „Rechtzeitig planen: richtig vererben“ informieren. Für Schüler gibt es spannende Programmpunkte zum Mitmachen: Beim Planspiel Strafverfahren erleben sie die Perspektiven der verschiedenen Beteiligten in einem Strafprozess. Und beim Schüler-Moot Court 2017 schlüpften „Schüler in die Rolle der Anwälte“, erzählt Cornelia Horz, Präsidentin des Landgerichts. Der Moot Court „macht Justiz greifbar und erlebbar“, bekräftigt Justizminister des Landes Baden-Württemberg Guido Wolf (CDU), der es „cool“ findet, dass sich die Schüler dem fiktiven Gericht stellen.

In einem nachgestellten Zivilrechtsstreit gilt es für die jungen Wettstreiter vom Königin-Olga-Stift Gymnasium, Neuen Gymnasium und Albertus-Magnus-Gymnasium Stuttgart, die Richter von ihren Argumenten zu überzeugen. In der ersten Verhandlung geht es um den Sachschaden, der bei einem Verkehrsunfall mit einem frisiertem Motorroller ohne Drittbeteiligte entstanden ist. Christoph Krebs und Katja Raiher (Königin-Olga-Stift Gymnasium) in der Rolle der Anwälte des Klägers liefern sich eine lebhafte Argumentation mit den Anwälten der Unfallverursacherin Melissa Krauss und Moritz Pohlmer (Neues Gymnasium). Allen Teilnehmenden überreicht Steinle im Anschluss eine Urkunde für die erfolgreiche Teilnahme am Schüler-Moot Court 2017.