Seit 2004 wurden dem Ministerium insgesamt 123 schwere Vorfälle gemeldet. Foto: dpa

Der Hungertod eines Bruchsaler Häftlings schärft den Blick für die Verhältnisse hinter Gittern insgesamt. Dabei zeigt sich, dass die Beamten oft massiven Angriffen ausgesetzt sind.

Stuttgart - In baden-württembergischen Gefängnissen waren Bedienstete allein in diesem Jahr 14 Mal Opfer gewalttätiger Übergriffe von Häftlingen. Dies geht aus einer Übersicht hervor, die das Stuttgarter Justizministerium für die CDU-Landtagsfraktion erstellt hat. Seit 2004 wurden dem Ministerium insgesamt 123 schwere Vorfälle gemeldet – zuletzt am 12. Oktober 2014. Die Folgen sind häufig Rippenbrüche, Schädelprellungen und Nasenbeinbrüche bei den Bediensteten.

Den vorläufigen Höhepunkt der Gewalt markiert eine Schlägerei zwischen zwei Gefangenengruppen am 20. August in der Jugendhaftanstalt Adelsheim. Damals wurden fünf Beamte dienstunfähig geschlagen. Neben diese schwerwiegenden Vorfällen gebe es aber auch eine wachsende Zahl kleinerer Angriffe, sagte Alexander Schmid, Landeschef des Bundes der Strafvollzugsbediensteten: „Es werden ja nur solche statistisch erfasst, die zur Dienstunfähigkeit führen.“ Mal gebe es Rippenstöße, mal baue sich ein Häftling drohend vor einem Beamten auf.

In welchen Fällen psychische Erkrankungen dabei eine Rolle spielen, kann das Ministerium nicht genau zuordnen. Im vergangenen Jahr sei jedoch bei insgesamt 2603 Gefangenen „psychische Auffälligkeiten“ verzeichnet worden, heißt es. Gleichzeitig herrscht jedoch auch hinter Gittern massiver Ärztemangel – vor allem an Psychiatern. Im Südwesten gibt es derzeit rund 7100 Strafgefangene.

Der CDU-Rechtspolitiker Bernhard Lasotta warnt deshalb: „Die unzureichende psychiatrische Versorgung der Strafgefangenen stellt ein Sicherheitsrisiko für Beschäftigte und die Öffentlichkeit dar.“ Es müssten genügend Mittel für eine bessere psychiatrische Versorgung bereit gestellt werden. Die Vollzugsbediensteten selbst halten mehr Personal für notwendig. Schmid: „In einer Abteilung mit 30, 40 Gefangenen ist eine einzige Kraft zu wenig.“