Jussie Smollett hat offenbar einen tätlichen Angriff auf sich inszeniert. Foto: AP

Aus den letzten Folgen der laufenden „Empire“-Staffel wurde Jussie Smollett schon entfernt. Nach Ansicht von Experten dürften seine Tage als Fernsehstar gezählt sein. Der Schauspieler soll einen rassistischen und schwulenfeindlichen Angriff auf sich organisiert haben.

Los Angeles - In der TV-Serie „Empire“ war Jussie Smollett jede Woche in Dramen verstrickt. Der Hip-Hop-Reihe verdankt der US-Schauspieler seinen Durchbruch und den Ruhm, mit dem er sein soziales Engagement vorantreiben konnte. Zumindest war das bis jetzt der Fall. Am Freitag wurde bekannt, dass Smollett in den letzten beiden Episoden der aktuellen Staffel von „Empire“ nicht mehr zu sehen sein wird. Seine Zukunft in der Serie steht damit sehr in Zweifel.

Auslöser ist eine Szene, die sich im Januar auf einer dunklen Straße in Chicago abspielte. Smollett sagte der Polizei, er sei Opfer eines Hassverbrechens geworden. Angreifer hätten ihm eine Flüssigkeit ins Gesicht geschüttet, ihn mit rassistischen und schwulenfeindlichen Parolen beschimpft und ihm eine Schlinge um den Hals gelegt.

Vorwurf der falschen Anzeige

Nach dreiwöchigen Ermittlungen wird dem offen schwul lebenden afroamerikanischen Schauspieler nun vorgeworfen, den Angriff selbst inszeniert zu haben, um seinen Marktwert zu steigern. Er soll dafür zwei Brüder aus seinem Bekanntenkreis gegen Bezahlung angeheuert haben. Smollett wird jetzt beschuldigt, eine falsche Anzeige erstattet zu haben. Womöglich bleibt seine Rolle als Jamal Lyon in „Empire“ der Höhepunkt seiner Karriere.

Das mutmaßliche Vorgehen des 36-Jährigen sorgt in der Branche für Fassungslosigkeit. „Das ist unglaublich“, sagt Garth Ancier, Mitbegründer des Fernsehsenders Fox. „So etwas tut niemand.“ Falls Smollett auf mehr Geld aus gewesen sei, wären Gespräche mit seinem Agenten und Verhandlungen der richtige Weg gewesen. Die mutmaßliche Falschanzeige sei völlig inakzeptabel. „Es ist eine Schande, dass so ein talentierter Typ alles wegwirft“, sagte Ancier. Aus seiner Sicht sei Smollett für „Empire“ nicht mehr tragbar.

Aus zwei anstehenden Empire-Folgen herausgeschnitten

Von den insgesamt 18 Folgen der aktuellen Staffel stehen noch zwei aus. Die Serie mit Taraji P. Henson und Terrence Howard als Hip-Hop-Mogule läuft seit 2015. Die Produzenten erklärten am Freitag, um weitere Beeinträchtigungen für die Besetzung und andere Mitarbeiter sei vermeiden, sei die Rolle des Jamal aus den letzten beiden Episoden entfernt worden. Zuvor hatte bereits der Sender TNT als Reaktion auf den Skandal eine Folge einer Rap-Castingshow mit Smollett aus dem Programm genommen.

Fox hatte sich bisher noch öffentlich hinter Smollett gestellt, selbst als die Skepsis über den Angriff wuchs. Den Darsteller zu ersetzen, dürfte problematischer sein als seine Figur - einen von drei Söhnen Lyons - aus künftigen Staffeln herauszuschreiben.

Smolletts Anwälte wiesen die Vorwürfe gegen ihren Mandaten am Donnerstag zurück. Der 36-Jährige sei ein „junger Mann von tadellosem Charakter und von Integrität“, der offenbar voreilig verurteilt werden solle, hieß es.

Branchenkenner äußern sich pessimistisch

Branchenkenner äußern sich aber pessimistisch über Smolletts Zukunftsaussichten in Film und Fernsehen. Der Spott gegen den Schauspieler im Internet werde vermutlich nicht aufhören und könne jeden Versuch eines Comebacks zunichtemachten, sagt Eric Dezenhall, Geschäftsführer der PR-Firma Dezenhall Resources.

„Von Spott kann man sich nur schwer erholen“, erklärt er. „Das kann bei einfach nur schlechtem Benehmen einfacher sein. In unserer Kultur hat der Hauch von etwas Gefährlichem eine gewisse Glaubwürdigkeit. Aber hier reden wir von einer Kombination aus Heimtücke und Lächerlichkeit.“

Ähnlich äußert sich Eden Gillott von Gillott Communications. „Das könnte ein Karriere-Killer sein“, sagt er. „Das haben wir schon oft gesehen. Die Gesellschaft ist intoleranter und unerbittlicher geworden.“ Gillott verwies etwa auf den Rauswurf von Kevin Spacey aus der Serie „House of Cards“ wegen des Vorwurfs sexueller Belästigung. Einen vergleichbaren Fall wie den Smolletts hat es aber bisher nicht gegeben.

1,6 Millionen Euro Gage für die jüngste Empire-Staffel

Die Vermutung, der Schauspieler habe es wegen des Geldes getan, wirkt angesichts seiner Gage verblüffend und betrügerisch zugleich: Für die laufende Staffel von „Empire“ erhielt Smollett nach Angaben aus informierten Kreisen mehr als 1,8 Millionen Dollar (1,6 Millionen Euro), das sind mehr als 100 000 Dollar pro Folge.

Nach Ansicht des PR-Experten Dezenhall dürfte es für den 36-Jährigen schwierig werden, sich öffentlich zu erklären. „Wir alle haben schon mal etwas Dummes gesagt, in einer E-Mail etwas geschrieben, was wir nicht hätten schreiben sollen - wir können das verstehen. Aber nur sehr wenige von uns würden sagen: ‚Ich würde so etwas inszenieren, um meine Karriere voranzubringen.’ Es besteht ein Unterschied zwischen einem Fehler und einer Intrige.“

Dezenhalls Rat an Smollett lautet: „Verschwinde für ein paar Jahre, setz Dich für eine Sache ein, widme Dich einem guten Zweck, und kehr später zurück.“

Kollegen wie die Reality-TV-Darstellerin und Singer-Songwriterin Kandi Burruss halten Smollett indes weiter die Stange. „Ich betrachte ihn als Freund“, sagte sie am Donnerstag der Nachrichtenagentur AP. „Ich liebe ihn, und unabhängig davon, ob es stimmt oder nicht, werde ich für ihn da sein. Ich hasse die Situation, aber ich hasse nicht den Menschen.“