Höhenflug: Jupp Heynckes nach dem Champions-League-Sieg 2013 Foto: EPA FILE

Der Triple-Triumph mit dem FC Bayern war 2013 der Höhe- und Schlusspunkt der Trainerkarriere von Jupp Heynckes. Mit 70 Jahren ist ihm Schäferhund Cando mittlerweile wichtiger als Punkte und Trophäen.

Stuttgart - Es ist ja gar nicht so einfach, den richtigen Zeitpunkt für den Ruhestand zu erwischen. Der eine steht beim Eintritt ins Rentenalter womöglich gerade nicht auf der Sonnenseite des Lebens, dem anderen mangelt es womöglich am Gespür für das passende Momentum, der dritte arbeitet bis zum Umfallen – und dann gibt es noch Menschen wie Jupp Heynckes. Der gewann als Trainer mit Bayern München 2013 die Meisterschaft, die Champions League und später (mit 3:2 gegen den VfB Stuttgart) den DFB-Pokal – das Triple also. Damit errang er Legendenstatus. Darauf ruht er sich seither aus – verdientermaßen. „Ich hätte weitermachen können“, sagt der Welttrainer 2013, „spanische Clubs haben mir horrende Summen geboten, doch 50 Jahre Profifußball sind genug.“ An diesem Samstag feiert er auf seinem Bauernhof „Casa de los Gatos“ (Haus der Katzen) in Schwalmtal bei Mönchengladbach seinen 70. Geburtstag – mit Ehefrau Iris und seinen vielen Haustieren.

Gut, die Strategen beim FC Bayern haben ein wenig nachgeholfen bei seinem Abschied, der so freiwillig gar nicht war – hinter seinem Rücken hatten sie Pep Guardiola verpflichtet, der seither schwer trägt an Heynckes’ Erbe: Zweimal hat er sich schon vergebens an einer Wiederholung des Triple versucht. Was die Leistung seines Vorgängers noch größer erscheinen lässt.

Als sich der frühere Stürmer nach 369 Bundesligaspielen, 220 Treffern, vier Meistertiteln, den EM- und WM-Siegen 1972 und 1974 sowie dem Uefa-Cup-Sieg 1975 zurückzog, begann Heynckes als Assistent von Udo Lattek bei Borussia Mönchengladbach seine Trainerlaufbahn. Es folgten Stationen bei Athletic Bilbao, Real Madrid, Benfica Lissabon, Bayern München, Eintracht Frankfurt, Schalke 04 und Bayer Leverkusen. Er wurde geliebt und verehrt, aber auch angefeindet, bedroht und gefeuert. 1998 gewann er mit Real Madrid die Champions League, eine Woche später flog er raus. 1991 hatte ihn Uli Hoeneß als Bayern-Trainer entlassen, „mein größter Fehler als Manager“, wie er später einräumte. Nun war Hoeneß, der eine dreieinhalbjährige Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung absitzt, einer der ersten Gratulanten: „In meiner zuletzt schwierigen Lebensphase standest du immer wie ein Fels an meiner Seite“, schrieb Hoeneß aus dem Gefängnis.

Andere würdigen Heynckes als „Freund“ (Bayern-Torhüter Manuel Neuer), Fachmann – und als „Mensch“ (Günter Netzer). Letzteres hat Heynckes, dieser häufig so sture Wächter der Disziplin, bei der Champions-League-Feier 2013 auf rührende Weise erkennen lassen, als ihn morgens um zwei Uhr eine junge Gestalt in Damen-Pose aufs Tanzparkett führte – es war Bastian Schweinsteiger. Heynckes hat, ganz gegen seine Art, ein paar Mal die Arme in die Luft geworfen und – hupps! – dabei rutschte ihm sogar ein Hemdzipfel aus dem Hosenbund!

So hat er sich selten gehen lassen. Lieber hat er Schalkes Ex-Manager Rudi Assauer 20 Euro Strafe aufgebrummt, weil dessen Sockenfarbe nicht den Vorgaben entsprach. Nach seiner Entlassung in Gladbach hat er seinen Dienstwagen auf den Hof gestellt und die Schlüssel in der Geschäftsstelle abgegeben: „Er ist gewaschen und vollgetankt.“

Solche Anekdoten wird Heynckes mit den Gratulanten zu seinem 70. Geburtstag auffrischen. 70? Lothar Matthäus (54), einst sein Ziehsohn in Gladbach, sagt über seinen auch heute noch topfit wirkenden Entdecker: „Ich würde ihm glatt zum 55. gratulieren.“