Anna Gasser feiert ihre Gold-Medaille nach dem finalen Sprung beim Snowboard Big Air. Foto: AFP

Show, Spektakel und Sprünge – Snowboarder und Freestyler verkörpern die junge Generation. Die Österreicherin Anna Gasser gewinnt Gold im Big Air und macht beste Werbung für ihren spektakulären Sport.

Pyeongchang - Die riesige Schanze thront auf einem Hügel im Alpensia Resort. 49 Meter hoch, ein monströses Bauwerk aus Stahlrohren. Und einer der großen Hingucker bei den Olympischen Spielen. Wer dort oben steht, befindet sich auf Augenhöhe mit den beiden Skisprungschanzen, er schaut hinunter ins Langlauf- und Biathlonstadion.

Besser könnte man nicht symbolisieren, was die Winterspiele in Pyeongchang auch sind: ein Treffen von Alt und Neu, von Tradition und Moderne, von nordischer Kombination und Big Air. Klar, beides hat seine Berechtigung. Aber mit der Zeit gehen vor allem die Snowboarder und Ski-Freestyler. Weil sie Spektakel, Sprünge und eine super Show bieten. In kurzweiligen Wettbewerben, die schnell zu konsumieren sind. Und mit Athleten, die ihren Sport voller Leidenschaft präsentieren. Mit Haut und Haaren. Wie Anna Gasser.

Anna Gasser dominiert ihren Sport

Die Snowboarderin aus Österreich ist die Nummer eins der Branche, der Boulevard könnte titeln: „Die größte Rampensau der Spiele“. Wenn sie sich von der Schanze hinunterstürzt, auf dem Kicker abspringt, bis zu 30 Meter weit fliegt und dabei waghalsige Kunststücke macht, versetzt das die Zuschauer nicht nur in Staunen, sondern auch in Begeisterung. Weil keine so sicher landet wie Anna Gasser. Sie dominiert nicht nur im Weltcup, sondern ist auch Weltmeisterin sowie Siegerin der X-Games im Big Air. Und nun holte die 26-Jährige Kärntnerin zudem noch Gold bei der olympischen Premiere ihrer Sportart. Mit dem letzten Sprung des Wettbewerbs, der zugleich der spektakulärste war. Eine bessere Dramaturgie hätte es nicht geben können.

„Ich wusste, dass ich etwas riskieren und meine besten Tricks zeigen muss“, sagte Anna Gasser, die vor der doppelten Slopestyle-Olympiasiegerin Jamie Anderson (2014 und 2018) aus den USA gewann, „es ist ein super Gefühl. Ich freue mich wahnsinnig, dass es geklappt hat.“ Auch, weil der Druck enorm war.

Gasser macht beste Werbung für ihren Sport

In ihrer Heimat ist Gasser ein Star. Trotz der großen alpinen Konkurrenz wurde sie zu Österreichs Sportlerin des Jahres 2017 gewählt. Das macht sie stolz, ist aber auch eine Hypothek: Eine Goldmedaille wurde von ihr erwartet – mindestens. Auch im Slopestyle war sie die Favoritin gewesen, doch der Wind hatte in dem irregulären Wettbewerb alle Hoffnungen weggeblasen. Umso größer war die Anspannung von Gasser vor dem Big Air: „Ich wollte nicht ohne Medaille heimfahren.“

Muss sie nun nicht, was auch ihren Freund, den Snowboarder Clemens Millauer („Anna reißt mich immer wieder mit“), und ihren Trainer Christian Scheidl freute: „Sie ist eine Perfektionistin, arbeitet extrem konzentriert und hart“, sagte er, „bei Olympia hat die Beste gewonnen, nur sie hat alle drei Sprünge sauber gestanden.“ Und damit beste Werbung für ihren Sport gemacht.

Big Air ist hip und jung

Beim Big Air kommt es auf die Schrauben und Salti in der Luft an. Aber nicht nur. Es läuft laute Musik, vor jedem Sprung präsentieren sich die Boarderinnen in kurzen Einspielfilmchen auf der großen Leinwand. Ohne Helm und Mütze, dafür mit strahlendem Lächeln. Das ist nicht nur attraktiv, sondern wirkt jung und hip. Und ist Teil der Inszenierung, mit der die Trendsportarten nicht nur bei ihren Gastspielen in Städten (wie Mönchengladbach) punkten, sondern auch bei diesen Spielen. Neben ihrer sportlichen Qualität.

Auch beim Big Air der Snowboarderinnen ist das Niveau extrem hoch gewesen, allerdings war nicht zu übersehen, dass alle Starterinnen sehr viel riskierten – was zu einer hohen Zahl an nicht gestandenen Sprüngen führte. „Was wir machen, ist Gladiatoren-Snowboardfahren“, hatte die deutsche Athletin Silvia Mittermüller vor den Spielen über ihren Extremsport gesagt, „das erfordert viel Mut.“ Sie weiß, wovon sie spricht.

„Wenn man den Kampf überlebt, fühlt es sich verdammt gut an“

Mittermüller hat sich schon dreimal das Kreuzband gerissen, dazu einmal die Achillessehne. Sie erlitt diverse Knochenbrüche und sogar eine Hirnblutung. Bei der Premiere in Pyeongchang fehlte sie, nachdem sie im olympischen Windchaos beim Slopestyle gestürzt war und sich erneut am Knie verletzt hat te. Den Erfolg von Anna Gasser musste sie sich deshalb zu Hause am Fernseher anschauen. Welche Emotionen die Olympiasiegerin im Wettkampf durchlebt hat? Konnte sie dennoch bestens nachvollziehen. „Wenn man den Kampf überlebt hat“, erklärte Mittermüller, „fühlt es sich verdammt gut an.“