Tarzan-Darsteller auf abenteuerlichem Flug mit der Seilbahn Foto: Lichtgut/Horst Rudel

Greif die Liane! Auf der Bühne des Stage Apollo Theaters schweben sie als Tarzan durch die Lüfte. Im realen Leben durch die Wipfel zu kraxeln ist aber noch ein bisschen anders, wie fünf junge Musical-Darsteller jetzt im Waldklettergarten erleben durften.

Stuttgart - „Uuauauaaaaaaah!“ Der elfjährige Matthis Lernhart hängt in seinem Klettergurt, lehnt den Oberkörper leicht zur Seite und saust die Seilbahn entlang. Wie daheim im Theater. Wie in seiner Rolle als junger Tarzan. Es ist Montagnachmittag, und das Theater hat fünf seiner insgesamt zwölf jungen Hauptdarsteller in den Waldklettergarten in Leinfelden eingeladen – ein wenig Freizeitspaß und Teambuilding unter Kollegen sozusagen. „Mit Training hat das hier nichts zu tun“, erklärt Wencke Elfers; sie ist die Leiterin der Kinderabteilung beim Musical. „Allerdings“, korrigiert sie ihre eigene Aussage leicht, „spricht das Klettern die gleichen Muskelpartien an.“

Der eventuelle Trainingseffekt lässt die Jungs kalt. Sie genießen die Abwechslung. Doch: „Nichts lässt sich annähernd mit dem Gefühl vergleichen, wenn du auf der Bühne stehst.“ Enes Sahin hat keinen Zweifel daran, wo er gerade lieber wäre. Der 13-Jährige ist bereits ein alter Hase unter den Kindern – er schwingt sich schon seit Oktober 2013 für das Musical durch Lianen. Er weiß, dass seine Zeit als junger Tarzan zu Ende geht – die Jungs scheiden aus, wenn sie mit 1,45 Metern zu groß für die Kinderrolle werden oder wenn sie in den Stimmbruch kommen. Aber dass er die Bühne ganz verlässt? „Ich will wieder zurück; ich möchte später gern Schauspieler werden.“ Enes Augen glühen, es ist offensichtlich: Er liebt das Theater. „Ich wollte schon lange Schauspieler werden, schon vor der Show. Das war immer mein Traum.“ Ob dieser Traum sich am Theater oder am Filmset verwirklicht – das ist Enes egal.

Es ist verblüffend, wie erwachsen die Kinder sprechen, auch untereinander. Es wirkt fast wie ein Treffen unter Kollegen, die über ihre Arbeit sprechen. Nicht wie Jungs an der Grenze zur Pubertät. „Sie haben bei uns viel mit Erwachsenen zu tun“, erklärt Wencke Elfers. Außerdem, dank internationaler Besetzung, hören sie viel Englisch. Da ergebe sich fast zwangsläufig ein etwas reiferes Verhalten im Vergleich zu ihren Altersgenossen.

Das lässt sich auch schon bei Pierre Adam erkennen. Der Zehnjährige steht erst seit April auf der Bühne. Er sei sich im Vorfeld zunächst gar nicht sicher gewesen, ob er das wolle. „Meine Eltern sind dann mit mir in die Vorstellung gegangen – danach wollte ich unbedingt Tarzan sein.“

Um diesen Traum zu leben, nehmen die Jungen viel auf sich. Haben sie es einmal durch das Casting geschafft, steht ein sechsmonatiger Kurs an: Dreimal pro Woche lernen sie singen, schauspielen und fliegen. Gerade letzteres hat es in sich: Es gehört ein großer Teil Fitness dazu, Bauchmuskeln, sich im Flug mal nach rechts, mal nach links zu lehnen. Stehen die kleinen Tarzans dann auf der Bühne, treffen sie sich jeden Freitag zum Training – und stehen dreimal im Monat im Rampenlicht. Dann dürfen sie wieder brüllen und sich von Lianen schwingen.