Alina Kroschwald (links) will als Stadträtin ins Sindelfinger Rathaus einziehen. Ulrike Rapp hat wertvolle Tipps für sie. Foto: factum/Granville

Mit 35 Jahren hat Ulrike Rapp schon 15 Jahre Erfahrung als Stadträtin hinter sich. Nun will sie pausieren. Alina Kroschwald, 20 Jahre jung, will in ihre Fußstapfen treten. Es sei für junge Politikerinnen heute nicht leichter als früher, sagt Rapp.

Sindelfingen - Als Ulrike Rapp, die damals noch den Nachnamen Mozden trug, vor 14 Jahren erstmals für die SPD in den Böblinger Gemeinderat einzog, war das eine Sensation. Gemeinsam mit Florian Wahl, nur unwesentlich jünger als die damals 21-Jährige, stürmte sie die Bastion des altehrwürdigen Gremiums. In der Nachbarstadt Sindelfingen schafften es ebenfalls zwei Youngster ins Kommunalparlament: Felix Rapp, heute der Ehemann von Ulrike Rapp, und André Deuschle. Alle vier waren Mitglieder der Jusos im Kreis Böblingen und hatten beschlossen: „Wir wollen es den Alten mal zeigen.“

Dreifachbelastung: Beruf, Familie und Ehrenamt

Jetzt, nach fast 15 Jahren Erfahrung als Stadträtin scheidet Ulrike Rapp, die nach einem Umzug mittlerweile im Sindelfinger Gremium sitzt, erst einmal aus. Vor allem die Dreifachbelastung von Beruf, Familie und Ehrenamt nennt die Lehrerin und Mutter einer kleinen Tochter als Grund. „Das bedeutet aber nicht meinen Abschied aus der Politik“, stellt die 35-Jährige klar. „Ich bin ein durch und durch politischer Mensch.“ Deshalb tritt sie auch für den etwas weniger zeitaufwendigen Kreistag an.

Zur Politik war sie bereits als Schülerin gekommen. Sie war Schulsprecherin am Böblinger Albert-Einstein-Gymnasium und absolvierte ihr schulisches Berufspraktikum bei Stefan Braun, damals Landtagsabgeordneter der SPD. Dort entdeckte Rapp ihre Liebe zur Politik. Einfach sei es nicht gewesen, sich so jung gegen die etablierten Kommunalpolitiker durchzusetzen. „Die haben uns am Anfang gar nicht ernst genommen.“ Und für sie als junge Frau sei es noch einen Tick schwieriger gewesen als für die männlichen Youngster. Die Erfahrung, „dass Frauen immer mehr arbeiten müssen, um sich zu beweisen“, gelte auch in der Politik. Sie erinnert sich an Fraktionssitzungen, zu denen sie topvorbereitet erschienen war. „Ich hatte alle Vorlagen intensiv studiert und mich dann gewundert, was manche ältere Kollegen dazu für Statements abgaben.“ Es habe eine Weile gedauert, bis sie kapierte: „Die haben das gar nicht richtig gelesen.“

Vier Jahre Erfahrung im Jugendgemeinderat gesammelt

Wenn Rapp im Mai abtritt, steht Alina Kroschwald bereit. Sie – genauso alt wie Rapp vor 14 Jahren – kandidiert auf der SPD-Liste für den Sindelfinger Rat. Kroschwald ist über den Jugendgemeinderat zur Politik gekommen. Vier Jahr gehörte sie ihm an, zuletzt war sie die Vorsitzende des Gremiums. Als solche hat sie auch an so mancher Sitzung der erwachsenen Stadträte teilgenommen. Die oft langen und teils langweiligen Diskussionen schrecken sie nicht. „Die Themen, über die der Gemeinderat entscheidet, sind alles wichtige Themen für die Stadt.“ Daran mitzuwirken, findet die 20-Jährige, die bisher keiner Partei angehört, spannend. Dass sie bei der SPD gelandet ist, sei eher Zufall. „Mich haben mehrere Parteien gefragt, ob ich für sie kandidieren möchte.“ Ausschlaggebend war wohl, dass sie mit Martin Wenger einen Kollegen aus dem Jugendgemeinderat hat, der auch für die SPD kandiert und bei den Jusos ist.

Wird es Alina Kroschwald leichter haben als Ulrike Rapp vor 15 Jahren? „Nein“, meint Rapp. „Für junge Frauen ist es nach wie vor schwierig, ernst genommen zu werden.“ Allerdings sei die Generation der heute 20-Jährigen „selbstbewusster als meine Generation. Das sieht Rapp als Vorteil. Ihr Rat an Kroschwald: „Bleib immer dran an deinen Themen und leg dir Sitzfleisch und ein dickes Fell zu.“ In der Politik gehe es vor allem um Macht, und dabei benutzten mache auch „Psychospiele“. Da dürfe man nicht zimperlich sein. Männlich geprägt sei die politische Kultur nach wie vor, so Rapps Erfahrung. Das fange bei den „Nachsitzungen“ an, wenn die Bierflaschen geöffnet werden. „Ich als junge Mutter muss dann aber nach Hause.“

Stimme der Jungen

Alina Kroschwald ist es nicht bang vor ihrer neuen Aufgabe. Immerhin hat sie bereits reichlich Erfahrungen im Ehrenamt gesammelt: vier Jahre im Jugendgemeinderat und drei Jahre bei der Sindelfinger Feuerwehr. Ihre Aussichten, gewählt zu werden, sind nicht schlecht. Die Partei hat sie auf Platz vier der Liste gesetzt. Zudem ist sie bei jungen Leuten in der Stadt bekannt. Kroschwald ist es wichtig, dass „auch junge Stimmen im Gemeinderat gehört werden. Denn dieses Gremium entscheidet über alle wichtigen Fragen.“ Und die 20-Jährige lässt keinen Zweifel daran, dass sie, sollte sie gewählt werden, die Interessen der Jugend“ vertreten wird.