EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Foto: dpa

Neue Berichte bringen EU-Kommissionspräsident Juncker in die Bredouille: Auch Skype oder Disney profitierten offenbar von den Steuervorteilen in Luxemburg.

Hamburg - Neue Enthüllungen zu zweifelhaften Steuersparmodellen erhöhen den Druck auf Luxemburg und dessen früheren Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker. Nach Informationen eines Journalistenkonsortiums profitierten mehr Unternehmen als bislang bekannt von lukrativen Steuervorteilen im Großherzogtum, darunter Konzerne wie Skype, Disney und die deutschen Chemiefirmen Oxea und Brenntag.

Luxemburg spielte die Bedeutung der Informationen am Mittwoch herunter und erklärte, sie unterschieden sich nicht grundsätzlich von ersten Veröffentlichungen in der sogenannten Luxleaks-Affäre Anfang November. Man habe bereits eingeräumt, „dass die Legitimität bestimmter Mechanismen, die mit internationalem und nationalem Recht übereinstimmen, aus ethischer Sicht zweifelhaft sein könnten“, erklärte das Finanzministerium.

Juncker: "Meine Glaubwürdigkeit ist nicht beschädigt"

Der inzwischen zum EU-Kommissionspräsidenten berufene Juncker lehnte in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ einen Rücktritt von dem Brüsseler Posten ab. „Für mich selbst beanspruche ich, dass meine Glaubwürdigkeit nicht beschädigt ist“, sagte er. „Aber sie hat in der öffentlichen Wahrnehmung durch die Publikation gelitten. Das stimmt mich traurig.“

Schon die erste Enthüllungswelle hatte Juncker in Erklärungsnot gebracht. Kritiker werfen ihm vor, in seiner Zeit als Luxemburger Regierungschef die Steuervermeidungsmodelle mit ermöglicht zu haben, die zulasten anderer EU-Länder gingen. Sie erlauben es Konzernen mit Milliardengewinnen, durch Verschiebung von Gewinnen und Verlusten ihre Steuersätze teils auf unter ein Prozent und ihre Zahlungen an den Staat auf Kleckerbeträge zu drücken.

Juncker sagte der „FAZ“, er habe bereits klargestellt, dass eine fehlende Harmonisierung der Unternehmensteuern in der EU „ethische Probleme mit sich bringt“. Deshalb wolle er bis Sommer 2015 einen Vorschlag zum automatischen Informationsaustausch der EU-Staaten über Vorabentscheidungen zur Besteuerung machen.

EU-Parlament fordert Aufklärung

Sprecher der EU-Kommission verwiesen auf die geplante Neuregelung und versicherten, die Bekämpfung der Steuervermeidung habe Priorität. Sozialdemokraten, Liberale, Grüne und Linke im Europaparlament forderten mehr Aufklärung und Gegenmaßnahmen der EU-Kommission.

Über die neuen „Luxleaks“-Enthüllungen berichteten in Deutschland NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“. In Dokumenten eines Informanten tauchen dem Bericht zufolge rund 50 sogenannte „Advance Tax Agreements“ für 35 Firmen auf.

So habe es eine interne Bank des Disney-Konzerns mit Hilfe des Beratungsunternehmens Ernst&Young geschafft, auf Gewinne von mehr als einer Milliarde Euro binnen fünf Jahren in Luxemburg nur 2,8 Millionen Euro Einkommenssteuer abzuführen. Die Luxemburger Zentrale des Internetkonzerns Skype habe bis zu 95 Prozent der Lizenzeinnahmen nicht versteuern müssen. Genannt werde auch der Hygieneartikelhersteller Reckitt Benckiser, an dem die deutsche Familie Reimann beteiligt sei. Die neuen „Luxleaks“-Dokumente zeigten zudem, dass fast alle großen Beraterfirmen mit der Luxemburger Verwaltung zusammengearbeitet hätten.