Julian Assange verbrachte sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London Foto: AFP/JACK TAYLOR

Kommenden Montag beginnt das Verfahren über eine Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange in die USA. Im Vorfeld macht er explosive Anschuldigungen.

London - Die US-Regierung hat dem Wikileaks-Gründer Julian Assange laut dessen Anwalt eine Begnadigung angeboten. Er hätte im Gegenzug dafür aussagen müssen, dass Russland bei der Veröffentlichung von E-Mails der Demokratischen Partei nicht involviert gewesen sei, sagte Anwalt Edward Fitzgerald am Mittwoch. Assange werde dies im Prozess um seine mögliche Auslieferung an die USA vorbringen, der kommenden Montag beginnt. Das Weiße Haus wies diese Darstellung als „völlig falsch“ zurück.

Anwalt Fitzgerald sagte bei einer Anhörung vor Gericht am Mittwoch, im August 2017 habe der damalige republikanische Kongressabgeordnete Dana Rohrabacher Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London besucht. In einer Stellungnahme einer weiteren Anwältin von Assange, Jennifer Robinson, hieß es, Rohrabacher habe Assange auf Anweisung von Präsident Donald Trump gesagt, er biete „eine Begnadigung oder einen Ausweg, wenn Herr Assange ... sagt, dass Russland nichts mit den DNC-Leaks zu tun hat.“ DNC ist die Abkürzung für Democratic National Committee, die nationale Organisation der Demokraten.

Stephanie Grisham, Sprecherin des Weißen Hauses, sagte, Trump kenne Rohrabacher kaum. Er wisse nur, dass er früher Abgeordneter war, habe aber mit ihm nie über diese Thema und kaum jemals überhaupt gesprochen, sagte Grisham. „Das ist eine komplette Erfindung und eine totale Lüge.“ Richterin Vanessa Baraitser sagte, sie werde Beweise zu den Anschuldigungen in dem Auslieferungsverfahren zulassen.

E-Mails per Hackerangriff gestohlen

Die für die Demokraten und Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton belastenden E-Mails waren per Hackerangriff gestohlen und im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen 2016 von Wikileaks veröffentlicht worden. Sonderermittler Robert Mueller zufolge waren russische Hacker dafür verantwortlich.

Wikleaks veröffentlichte neben den Wahlkampf-Mails aber auch Hunderttausende geheime Regierungsdokumente, weshalb die USA den 48-jährigen Assange der Spionage beschuldigen. Ihm droht eine Gefängnisstrafe von bis zu 175 Jahren, wenn er ausgeliefert wird. Er argumentiert, dass seine Aktivitäten vom ersten Zusatzartikel zur Verfassung gedeckt seien, der Redefreiheit garantiert.

Assange verbrachte sieben Jahre in der ecuadorianischen Botschaft in London, um einer Auslieferung nach Schweden zu entgehen, wo ihm unabhängig davon Vergewaltigung vorgeworfen worden war. Im April 2019 musste er die Botschaft verlassen und wurde sogleich von der britischen Polizei verhaftet, weil er 2012 mit der Flucht in die Botschaft Kautionsauflagen missachtet hatte. Die Vorwürfe aus Schweden wurden mittlerweile wegen Verjährung fallengelassen, aber er könnte stattdessen in die USA ausgeliefert werden. Bei der Anhörung im Westminster Magistrates Court in London am Mittwoch war er per Video aus der britischen Haftanstalt Belmarsh zugeschaltet.

Das Auslieferungsverfahren könnte langwierig werden. Nach dem Auftakt am Montag läuft es zunächst eine Woche lang und soll dann im Mai wieder aufgenommen werden. Mit einem Urteil wird erst in einigen Monaten gerechnet. Die unterlegene Seite wird dann vermutlich Berufung einlegen.