Verbrannt für die Jugend, weil im Mainstream angekommen: Die Sparkasse wirbt mit „Gönn Dir“, dem zweiten Sieger des Wettbewerbs Jugendwort des Jahres 2014. Foto: Facebook/Sparkasse

Das Jugendwort des Jahres ist wieder gesucht. Die Auswahl ist zum Totlachen. Und frühere Jugendwort-Kandidaten werden inzwischen im Mainstream zwanghaft Junggebliebener verwendet. „Gönn Dir“ zum Beispiel.

Stuttgart - Wie großartig ist denn bitte „Banalverkehr“? Das Wort steht auf der Auswahlliste des Langenscheidt Verlags für das Jugendwort des Jahres 2016, und wer dahinter etwas Schlüpfriges vermutet, wird enttäuscht: Es beschreibt der Liste zufolge einen belanglosen Chatverlauf, den jeder, der schon einmal in einer Chatgruppe eines Messengerprogramms war, bestens kennen dürfte. Satzfetzen wie „Wo bist?“ bis „In der Bahn“ in einem Chat lassen sich mit „Banalverkehr“ ziemlich treffend beschreiben.

Seit Anfang September ist wieder das Jugendwort des Jahres gesucht, bis zum 31. Oktober kann abgestimmt werden. 30 Ausdrücke umfasst die Liste und reicht von „Am fly sein“ (besonders abgehen) bis „Tweef“ (Beef/Streit über Twitter). Schön sind auch „Hopfensmoothie“ (Bier), Vollpfostenantenne (Selfiestick) und „darthvadern“ (sich als Vater aufspielen). Mit „Slearning“ meint der junge Mensch das Schlafen während des Lernes, wobei unklar bleibt, ob es um die geistige Abwesenheit mit offenen Augen geht oder ums effektive Pennen in der Schule.

Spannender als die Entscheidung der Jury wird sein, welcher Jugendsprech sich im allgemeinen Sprachgebrauch etabliert. Im vergangenen Jahr war „Smombie“ zum Jugendwort des Jahres gewählt worden. Es bezeichnet einen Menschen, der seine Aufmerksamkeit vollständig seinem Smartphone widmet (Smartphone plus Zombie). Wirklich durchgesetzt hat sich der Begriff allerdings nicht, im Gegensatz zu „Läuft bei Dir", dem Sieger des Jahres 2014. Sowohl ehrlich als auch ironisch gemeint, findet sich die Formulierung gefühlt unter jedem zweiten Facebook-Foto, das wahlweise einen beliebigen Fauxpas oder eben die perfekte Urlaubs-Location zeigt.

Vermutlich haben Formulierungen, die auf nahezu beliebig viele Lebensumstände übertragbar sind, eine höheres Potenzial, sich zu etablieren als feste Begriffe. Insofern könnte „Am fly sein“ in ein oder zwei Jahren „Läuft bei Dir“ ablösen, während „Tintling“ für einen Tätowierten oder „Bambusleitung“ für ein schlechte Internetverbbindung eben kaum variabel sind.

Wer aufmerksam durch die sozialen Medien flottiert, wird zwischenzeitlich den zweiten Sieger des Jahres 2014 im Mainstream der deutschen Sprache ausgemacht haben: „Gönn Dir“. Spätestens mit der viralen Marketing-Aktion der Sparkasse ist die Formulierung der eigentlichen Jugendsprache entfleucht und wird wohl zunehmend die Kommentare der zwanghaft Junggebliebenen der Babyboomer-Generation in den sozialen Medien zieren.

In diesem Sinne: Voll am fly, Jugendwort. Läuft bei Dir!