Ein jugendlicher Wiederholungstäter muss sich seine Bewährung erst verdienen. Foto: dpa

Ein jugendlicher Wiederholungstäter hat gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen. Der Richter zeigt sich gnädig und räumt dem Angeklagten eine Vorbewährung ein.

Waiblingen - Sieben Mal stand Paulo V. (alle Namen geändert) bereits vor dem Richter. Eigentlich war der letzte Warnschuss schon gefallen: Wegen schweren Raubs mit Körperverletzung sowie gemeinschaftlicher räuberischer Erpressung war er zu einer Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Doch Paulo V. scheint die Strafe nicht beeindruckt zu haben – zwei Monate nach dem Urteil hat er sich wieder etwas zu Schulden kommen lassen. Richter Luippold kann es nicht glauben: „Ich dachte, Sie hätten es das letzte Mal begriffen“, sagte er bei der Verhandlung vor dem Jugendschöffengericht in Waiblingen. Er erinnerte den Angeklagten aus Rommelshausen daran, dass man sich während der Bewährungszeit besonders bemühen müsse.

Dem Opfer verpasst er einen Kopfstoß

Zwei neue Anklagepunkte verlas die Staatsanwältin. Am 26. Oktober 2013 war der 18-Jährige in eine Rangelei auf der Erleninsel in Waiblingen verwickelt. Dabei hatte er Ronny L. einen Kopfstoß verpasst und ihm mit der Hand aufs Ohr geschlagen. Doch dem nicht genug: Am Abend zuvor hatte Paulo V. auf einer Party mit einem Feuerlöscher rumgespritzt und ihn mutwillig zerstört. So lauteten die Anklage auf Körperverletzung sowie Missbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln.

Mit zwei Kumpels leert er eine Flasche Wodka

Er könne sich an den Vorfall auf der Erleninsel nicht mehr genau erinnern, weil er Alkohol getrunken habe, sagte Paulo V. Mit zwei Kumpels habe er an dem Abend eine Flasche Wodka geleert. Davon ließ sich die Staatsanwältin nicht beeindrucken: „Es gibt genug Leute, die etwas trinken und sich dann nicht schlägern.“

Als Zeuge wurde das Opfer Ronny L. aufgerufen. „Ich wollte bei der Schlägerei nur dazwischen gehen und habe eine abbekommen“, erzählte der 18-Jährige. Der Arzt attestierte ihm eine Prellung an der Nase. Doch weil Paulo V. inzwischen eine Ausgleichszahlung von 200 Euro geleistet hat, sei die Sache für ihn erledigt, sagte Ronny L.

Der Angeklagte spritzt mit einem Feuerlöscher rum

Wegen des Vorfalls mit dem Feuerlöscher wurde Sven H. in den Zeugenstand gerufen. Der 17-Jährige hatte am 25. Oktober eine Party auf dem Betriebsgelände seines Vaters in Waiblingen geschmissen. „Paulo V. war zwar nicht eingeladen, aber ich habe geduldet, dass er da ist“, erzählte Sven H. Als der Gastgeber allerdings bemerkte, dass jemand mit dem Feuerlöscher rumgespritzt hat, erklärte er die Party für beendet. „Es war eine große Sauerei, dann wollte ich, dass alle nach Hause gehen“, sagte er. Der entstandene Schaden beläuft sich auf 220 Euro. Paulo V. hatte sich schon im Vorfeld der Verhandlung bereit erklärt, die Rechnung zu übernehmen.

Die Bewährungshelferin stellte dem Angeklagten ein gutes Zeugnis aus. Paulo V. mache inzwischen eine Ausbildung und seine Leistungen in der Berufsschule würden immer besser. Zudem erfülle er seine Arbeitsauflagen, und auch einen Sozialtrainingskurs habe er inzwischen absolviert. „Aber er lässt sich immer noch schnell provozieren und handelt dann unüberlegt“, sagte die Bewährungshelferin.

Die Strafe wird zu einer Vorbewährung ausgesetzt

Richter Luippold folgte dem Plädoyer der Staatsanwältin. Paulo V. wird zu einer Einheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wird zu einer sogenannten Vorbewährung ausgesetzt. Anders als im Erwachsenenstrafrecht muss sich der verurteilte Jugendliche erst die Bewährung verdienen. In den kommenden sechs Monaten darf sich Paulo V. nichts mehr zu Schulden kommen lassen, sonst wandert er ins Gefängnis. Darüber hinaus muss er ein weiteres Sozialtraining absolvieren und eine Schadenswiedergutmachung in Höhe von 1000 Euro leisten. Ebenso muss er in einem vierseitigen Aufsatz beschreiben, wie er stressige Situationen vermeiden kann. „Das ist Ihre allerletzte Chance“, sagte der Richter Luippold. „Zwischen Ihnen und dem Gefängnis – da passt jetzt kein Blatt Papier mehr dazwischen.“