Die Werbetrommel für die nächste Legislaturperiode wird kräftig gerührt. Foto: Stadt Stuttgart

Bis zum 31. Oktober können sich Mädchen und Buben im Alter zwischen 14 und 19 Jahren für den neuen Jugendrat bewerben. Die Wahlen finden im Januar kommenden Jahres statt.

Stuttgarter Norden - Null-Bock-Generation war gestern. „In unserer Gesellschaft bewegt sich etwas. Wir werden plötzlich wieder wahrgenommen. Wir gehen auf die Straße, protestieren, bestimmen die öffentliche Diskussion und das Ganze hat sogar Auswirkungen auf Wahlergebnisse. Wir interessieren uns wieder mehr für politische Themen und wollen etwas bewegen. Doch wie können wir das am besten machen?“, fragen die Sprecher des Arbeitskreises Stuttgarter Jugendrat, Firat Yurdakul, Gözdem Göksu und Semir Duman, in der neuen Jugendratsbroschüre. Die Antwort ist dort ebenfalls zu lesen: „Der Jugendrat bietet Dir die Möglichkeit, nicht nur vor dem Rathaus zu demonstrieren oder auf YouTube abzukotzen, sondern direkt auf die Entscheidungen, die in der Stadt getroffen werden, Einfluss zu nehmen. Wenn Du also Stuttgart ein klein wenig besser machen und Verantwortung für Deine und unsere Zukunft übernehmen willst, dann Bewerben, Mitmachen und Mitbestimmen.“

Bis zum 31. Oktober läuft die Bewerbungsfrist für alle potenziellen neuen Jugendräte, die am 31. Januar 2020 mindestens 14, aber noch nicht 19 Jahre alt sind. Dass sich ein Engagement in diesem Gremium auszahlen kann, haben die Mitglieder in den vergangenen Jahren immer wieder bewiesen: So geht die Einführung eines Azubi-Tickets des VVS auf eine Idee der Jugendräte zurück. Auch für die Nutzung des Scool-Abos im ganzen Netz hat sich der Jugendrat seit Jahren eingesetzt – sowie für die Abschaffung der Transportgebühren der Stadtbibliothek. „Ein besonders kreativer Beitrag gegen die Vermüllung gelang den Jugendräten auf dem Karl-Benz-Platz in Untertürkheim, indem dort die Mülleimer der SSB mit Graffitikunst bunt gestaltet wurden“, heißt es in der Jugendratsbroschüre. Auch viele Ganztagsschulen und Schülerhäuser profitieren von Vorschlägen der Jugendräte: Ab diesem Schuljahr stehen im Haushalt Mittel zur Verfügung, um den Bioanteil des Schulessens auf 25 Prozent zu erhöhen. In Bad Cannstatt wurde auf Vorschlag der Jugendräte eine Calisthenics-Anlage im Veielschen Garten umgesetzt. In Plieningen nutzen seit Kurzem jugendliche Biker eine neue Pumptrack-Anlage.

In Stammheim gibt es derzeit keinen Jugendrat

Auch der stellvertretende Bezirksvorsteher aus Botnang, Andreas Schröder, lobt die Mitglieder des Jugendrats: „Wir haben in den vergangenen Monaten einige Projekte umgesetzt. Ich bin mit dem Engagement sehr zufrieden.“ Unter anderem habe man sich am Kuckucksfest aktiv beteiligt, eine Wahlveranstaltung mitorganisiert und einen Bereich mit Tischtennisplatte an der Lindpaintnerstraße wieder auf Vordermann gebracht. „In den vergangenen Jahren war die Fläche ungenutzt. Wir mussten einige Sträucher mit der Motorsäge entfernen“, betont Schröder. Mittlerweile sei der Bereich in Schuss, die Tischtennisplatte saniert und auch die neuen Sitzbänke seien endlich da. Die Kosten in Höhe von etwa 1600 Euro wurden aus dem Budgettopf der Jugend- und der Bezirksbeiräte bezahlt. „Man hat gesehen, dass die Jugendlichen mitgestalten können“, erklärt Schröder. Leider sei die Fluktuation recht groß gewesen. „Wir hatten zu Beginn der zweijährigen Legislaturperiode 14 sehr aktive Mitglieder“, sagt der stellvertretende Bezirksvorsteher. „Durch Studium, Auslandsaufenthalte und den Beginn der Ausbildung sind jetzt noch fünf Aktive dabei. Es ist gut, dass bald wieder gewählt wird. Wir brauchen frisches Blut.“ Ein konkretes Projekt gibt es für die neuen Jugendräte schon: Sie können in einem noch zu wählenden Beirat ganz konkret an der Realisierung des lang ersehnten Haus der Jugend mitarbeiten. Das sei hoffentlich Anreiz genug, sich zu bewerben.

Dass sich auch in Stammheim genügend Kandidaten finden, hofft die stellvertretende Bezirksvorsteherin Susanne Laufenberg: „Leider haben wir aktuell keinen Jugendrat und auch keine Projektgruppe.“ Nur vier bis fünf Mädchen und Buben hatten sich vor zwei Jahren beworben. Für eine Wahl hätte es aber elf Kandidaten benötigt. Die Chance, sich zu engagieren, bestand trotzdem. „Die Jugendlichen waren anfangs auch sehr interessiert. Wir haben uns mit ihnen getroffen, aber anschließend leider nichts mehr von ihnen gehört“, erzählt Laufenberg. „Ich bin gespannt, ob es dieses Mal klappt.“

Die Wahlen sollen in allen Stadtbezirken im Januar 2020 stattfinden – sofern es eben eine ausreichende Zahl an Kandidaten gibt. Vom 13. bis 31. Januar wird an den Schulen und in den Jugendhäusern sowie per Brief gewählt. Die rund 25 000 Wahlberechtigten erhalten die notwendigen Unterlagen per Post.

Die gewählten Räte vertreten dann zwei Jahre lang die Interessen der Jugendlichen gegenüber dem Gemeinderat, dem Oberbürgermeister, den Bezirksbeiräten und der Stadtverwaltung. Sie beteiligen sich damit an kommunalen Entscheidungsprozessen und lernen Politik praktisch kennen und verstehen.

Die Stuttgarter Jugendräte sind mit umfassenden Rechten ausgestattet. In den Stadtbezirken müssen sich die Bezirksbeiräte mit den Anliegen der Jugendräte befassen. Das gesamtstädtische Gremium der Jugendräte kann Verbesserungsvorschläge in Form von Anträgen und Anfragen an den Oberbürgermeister richten. Diese müssen genauso behandelt werden, wie die der Gemeinderäte. Zwei Vertreter der Jugendräte sind bei den Sitzungen des Gemeinderats anwesend.