Eine Wahlurne. 5000 junge Stuttgarter haben ihre Vertretung gewählt Foto: dpa

Noch nie haben so viele Jugendliche die Möglichkeit genutzt, in Stuttgart Jugendräte und damit Vertretungen der jungen Stuttgarter zu wählen. Die Gründe? Das Vertrauen in die Mitglieder dieser Gremien sei gewachsen, die Organisation verbessert worden, heißt es. Aber an Kandidaten mangelte es.

Stuttgart - Rund 5000 Stuttgarter Jugendliche und damit 31,5 Prozent der Wahlberechtigten haben in einem rund zweiwöchigen Zeitraum an der zehnten Stuttgarter Jugendratswahl teilgenommen. Damit war die Quote der Wahlbeteiligung höher als je zuvor, seit 1995 die ersten Jugendratswahlen über die Bühne gingen.

Es gibt aber auch einen Wermutstropfen: Gewählt wurden nur elf Jugendratsgremien, nämlich in zehn einzelnen Stadtbezirken sowie im Doppelbezirk Plieningen/Birkach. 2012 hatten die Jugendlichen noch in 20 Stadtbezirken abstimmen und insgesamt 16 Gremien bestimmen dürfen. Damals war auch noch ein Jugendrat Obere Neckarorte zustande gekommen – diesmal nicht, weil es in Untertürkheim, Obertürkheim, Wangen und Hedelfingen nicht genug Kandidaten gab. Im Ergebnis erhielten 2014 in Stuttgart dann auch weniger Jugendliche ein Mandat: nur noch 139. Sie werden am 17. Februar von OB Fritz Kuhn (Grüne) im Rathaus begrüßt und in ihr neues Amt eingeführt. Ende März finden dann die ersten Sitzungen statt.

Wo es zu wenig Kandidaten gegeben hatte, bildeten sich vereinzelt Projektgruppen, die konkrete Themen in ihrem Stadtbezirk bearbeiten wollen. Einen gesamtstädtischen Jugendgemeinderat gibt es nicht. Grund: In den Großstädten ist die Erfahrung, dass Jugendliche nur in ihrem Sprengel, wo sie Umfeld und Kandidaten kennen, fleißig wählen. Einmal im Monat treffen sich aber je drei Vertreter aus den Bezirksjugendräten und ein Vertreter der Projektgruppen unter dem Namen „gesamtstädtischer Arbeitskreis Stuttgarter Jugendrat“, um Themen zu besprechen, die die ganze Stadt betreffen.

Die hohe Wahlbeteiligung in diesem Jahr wurde mit Interesse und Wohlgefallen registriert. „Das Ergebnis freut mich sehr. Wir haben engagierte Jugendräte, die sich einmischen und bei öffentlichen Sitzungen des Bezirksbeirates auch das Wort ergreifen. Bürgerbeteiligung heißt auch Jugendbeteiligung“, meint Martin Körner, Bezirksvorsteher im Stuttgarter Osten.

„Zunächst ist die hohe Wahlbeteiligung eine Bestätigung und Anerkennung der Jugendlichen für die erfolgreiche Arbeit der Jugendräte“, urteilt Roland Kelm, Koordinator für Jugendbeteiligung in der Stuttgarter Stadtverwaltung. Einen weiteren Grund für die hohe Wahlbeteiligung sieht er in der verbesserten Organisation. Die Urnenwahl in Schulen und Jugendhäusern sei hervorragend von den Lehrern und Einrichtungsleitern unterstützt worden. Außerdem sei den Wahlunterlagen erstmals ein Kandidatenplakat des jeweiligen Bezirks beigelegen. „Das hat möglicherweise zum Wählen animiert“, meint Kelm.

Die hohe Wahlbeteiligung mag also von einem gewachsenen Vertrauen in die Jugendräte herrühren, doch die Mitglieder der Gremien müssen auch gute Arbeitsmöglichkeiten haben. Hier hat die Stadt Stuttgart in letzter Zeit etwas getan und den Jugendräten immer mehr Gehör verschafft. So kann der gesamtstädtische Arbeitskreis Stuttgarter Jugendrat, weil der Gemeinderat dies im Juli 2013 beschlossen hat, direkt Anfragen und Anträge an den Oberbürgermeister stellen. Mittlerweile haben Vertreter der Jugendräte zu eigenen Anträgen auch Rederecht im Gemeinderat. Das sei „eine erhebliche Ausweitung der Rechte für die Stuttgarter Jugendräte“, findet Kelm. Es gelte nun, diese Rechte auch ausgiebig zu nutzen.

Welche Themen in der kommenden Legislaturperiode anstehen, lässt sich im Moment noch schwer sagen. Zunächst steht das gegenseitige Kennenlernen auf dem Programm. Denn für viele ist nicht nur eine neue Legislaturperiode angebrochen, sondern auch eine ganz neue Arbeit, wenn sie zum ersten Mal in den Jugendrat gewählt worden sind. Danach erst werden gemeinsam Themen bestimmt und Projekte für die nächste Zeit geplant. Aller Voraussicht nach werden die Jugendlichen bei der Planung von Freiflächen zukünftig stärker mit einbezogen.