Im vergangenen Oktober gingen circa 400 Schüler des Wilhelms-Gymnasiums auf die Straße, um gegen die Raumnot an ihrer Schule zu protestieren. Foto: Julia Bosch

Von wegen politikverdrossen: Die gute Resonanz auf die Jugendratswahl am Wilhelms-Gymnasium in Stuttgart-Degerloch zeigt, wie es gelingen kann, Jugendlichen Lust auf Mitbestimmung zu machen.

Degerloch - So schwierig ist es gar nicht. Es braucht offenbar nur einen Anlass, damit Jugendliche leuchtende Augen bekommen, wenn sie von politischem Engagement sprechen. Das lässt sich bereits seit Monaten am Degerlocher Wilhelms-Gymnasium beobachten.

Es waren die Schüler, die im vergangenen Oktober zu Hunderten auf die Straße gegangen sind, um gegen die Raumnot an ihrer Schule zu protestieren. Jetzt bilden sich an eben jener Schule Schlangen vor dem Wahlbüro zur Jugendratswahl.

Kein Bock ist keine Haltung

Wer mit den Kandidaten und den wahlberechtigten Schülern spricht, wartet nicht lange auf eine Antwort darauf, warum ihnen diese Wahl wichtig ist. Sie glauben an das Prinzip Mitbestimmung als Lösung für ein Problem, das sie im Wortsinn als drängend empfinden. Keinen Bock zu haben – das scheint bei diesen Jugendlichen keine Haltung zu sein, die nun mal zur Pubertät gehört. Beachtlich ist die Identifikation mit der eigenen Schule auch deshalb, weil sie für die Schüler eine Blaupause sein kann für ihre spätere Beziehung zum Gemeinwesen. Das Wilhelms-Gymnasium macht offenbar einiges richtig. Denn es gibt auch Schulen, an denen es kaum einen Schüler stört, wenn um ihn herum öffentliches Eigentum beschädigt wird.

Lernen lässt sich aus diesem Beispiel, dass die Begeisterungsfähigkeit von Jugendlichen gefördert werden kann. Sie setzen sich ein, wenn ihnen etwas am Herzen liegt. Im Zweifel sind sie die motivierteren Demokraten als ihre aus Erfahrung klug oder vielmehr skeptisch gewordenen Eltern. Hilfreich ist dabei, ein Wir-Gefühl zu schaffen und zu vermitteln, dass der Einsatz für eine Sache nicht umsonst ist. Dann besteht die Hoffnung, dass etwas von diesem jugendlichen Enthusiasmus auch in späteren Jahren erhalten bleibt.