Marcel Wolf (Mitte) und 14 weitere Jugendliche haben den Bundespräsidenten im Schloss Bellevue getroffen. Foto: David Ausserhofer

Marcel Wolf hat auf Einladung des Bundespräsidenten am Demokratiefest in Berlin teilgenommen.

S-West - Beinahe hätte der Jugendrat Marcel Wolf die Gelegenheit, den Bundespräsidenten zu treffen, versäumt. Dass er Joachim Gauck in Berlin doch die Hand geschüttelt hat, ihm von seiner politischen Jugendarbeit erzählen konnte, frei durch den Garten des Schlosses Bellevue schlendern durfte und mit Politikern diskutierte, hat der Bankkaufmannlehrling aus dem Westen seiner Chefin zu verdanken. „Sie hat die Einladung gesehen und dafür gesorgt, dass ich einen Tag freigestellt werde“, erzählt der Auszubildende, der bei der Postbank eine Lehre absolviert.

Der politisch engagierte 19-Jährige selbst wollte seinen Arbeitgeber nicht um einen freien Tag bitten, da er erst eine Woche zuvor für ein Planspiel im Bundestag freibekommen hatte. „Meine Chefin meinte aber, dass ich so eine Chance vielleicht nie wieder bekomme.“ Womit sie mutmaßlich Recht behalten hätte.

Körber-Stiftung wählt 450 engagierte Jugendliche aus

Und so verbrachte Marcel Wolf im Juni einen Tag im Schloss Bellevue beim Demokratiefest. Zu diesem hatte der Bundespräsident gemeinsam mit den Partnern des Bündnisses „DemokratieErleben“, darunter die Körber- und die Robert-Bosch-Stiftung, 450 überwiegend junge Gäste aus ganz Deutschland eingeladen. Marcel Wolf hat Kontakt zur Körber-Stiftung, seitdem er auf deren Einladung hin im vergangenen Sommer mit zwei anderen Jugendräten in Hamburg das Stuttgarter Jugendrats-Modell vorgestellt hatte.

So war er bei dem Fest auch nicht nur Gast, sondern einer der 15 Jugendlichen, die aktiv an Podiumsdiskussionen teilgenommen haben. Zusammen mit einer Jugendrätin aus Waldkirch sprach er auf der Bühne mit Petra Roth. Von der Vizepräsidenten des Deutschen Städtetags ist der Jugendrat, der auch Sprecher des Dachverbands der Jugendgemeinderäte in Baden-Württemberg und Vertreter im VVS Fahrgastbeirat ist, im Nachhinein aber etwas enttäuscht. „Ich finde, dass sie von den Themen, die wir angesprochen haben, oft abgelenkt hat“, so Wolf.

Stärkung der Jugendarbeit

Die Jugendlichen setzen sich dafür ein, dass Menschen mit Migrationshintergrund auch wählen dürfen, wenn sie mindestens vier Jahre in Deutschland leben. „Dann würden sich vielleicht auch mehr Jugendlichen für Kommunalpolitik interessieren“, so Wolf. Außerdem wollen sie den Paragrafen 41 der Gemeindeordnung, der bisher aussagt, dass es in Kommunen eine Jugendbeteiligung geben kann, stärken. „Die Jugendlichen sollen sich beteiligen und nicht nur beteiligen können“, so Wolf. Die grün-rote Landesregierung hat sich ebenfalls dafür ausgesprochen, die Mitbestimmungsrechte junger Menschen zu stärken. Marcel Wolf hofft, dass die Anliegen gehört wurden und weiterverfolgt werden.

Am besten wird dem 19-Jährigen aber das Treffen mit Joachim Gauck selbst am Morgen des Festes in Erinnerung bleiben. Die 15 Jugendlichen, die das Programm aktiv mitgestaltet hatten, waren ins Schloss eingeladen, um sich persönlich mit dem Bundespräsidenten zu unterhalten. „Er hat jeden einzelnen gefragt, wer er ist, wie man sich politisch engagiert, was man schon erreicht hat und was für einen Demokratie bedeutet“, erzählt Wolf. Das ganze sei in einer förmlichen, aber entspannten Atmosphäre gewesen. „Mir war in meinem Jackett ziemlich heiß, weil es 32 Grad hatte, aber ich glaube, Joachim Gauck war auch heiß“, sagt Wolf. „Später auf der Bühne hat er sein Jackett ausgezogen und die Krawatte abgenommen.“ Bei Marcel Wolf hat der Präsident einen positiven und sympathischen Eindruck hinterlassen. „Er ist sehr standfest und vertritt seine Meinung“, so Wolf, „auch wenn er, wahrscheinlich wegen seiner ganzen Termine und des Wetters, etwas müde gewirkt hat, war er sehr interessiert an dem, was wir erzählten.“