Keine Angst, das Unglück und seine Folgen sind gestellt: Schulsanitäter aus ganz Baden-Württemberg haben in der Jörg-Ratgeb-Schule in Neugereut geübt. Foto: Lichtgut/Verena Ecker

Ein Tonofen an einer Schule explodiert. Viele Kinder und Lehrer sind verletzt. So lautete die Aufgabe für 330 Schulsanitäter, die an diesem Wochenende in Neugereut geübt haben.

Stuttgart - Ein Schüler liegt mit einer blutenden Wunde am Bein auf dem Boden. Er ist nicht ansprechbar, mit jeder Minute dämmert er mehr und mehr weg. Zwei Schulsanitäter, ein 17-jähriger Junge und ein Mädchen im selben Alter, kümmern sich um den Verletzten und versorgen die Wunde an seinem Bein. Plötzlich bemerken die beiden Helfer einen großen blauen Fleck am Bauch ihres Patienten – ein Zeichen für hohen Blutverlust. Immer wieder sprechen sie den Schüler an, messen seinen Blutdruck, seine Atmung und kontrollieren den Kreislauf. Doch der Zustand des Jungen wird einfach nicht besser. Dann endlich erscheinen die Profis vom Rettungsdienst und übernehmen die weitere Behandlung des jungen Patienten.

330 Jungen und Mädchen nehmen an 17 Workshops teil

Was erst einmal ernst klingt, ist in Wirklichkeit nur eine Übung. Am Wochenende haben sich bereits zum 14. Mal die Schulsanitäter der Johanniter-Jugend aus Baden-Württemberg zum landesweiten Schulsanitätsdienst-Wochenende in Stuttgart getroffen. Das Übungswochenende fand wie in den letzten Jahren in der Jörg-Ratgeb-Schule in Neugereut statt. Dort konnten die insgesamt 330 Jungen und Mädchen, die an ihrer Schule für die Erstversorgung von Verletzten zuständig sind, an 17 Workshops teilnehmen und sich im Bereich Erste Hilfe weiterbilden lassen. „Diese Teilnehmerzahl ist ein echter Rekord“, sagt Werner Stahl, Landesjugendleiter der Johanniter-Jugend in Baden-Württemberg. Damit sei das Schulsanitätsdienst-Wochenende in Stuttgart bundesweit das größte der Johanniter.

In den verschiedenen Workshops, die am Freitag und am Samstag angeboten wurden, konnten die Schüler ihre medizinischen Kenntnisse vertiefen. Sie lernten, wie man in der Natur und abseits der Zivilisation Erste Hilfe leistet, worauf man bei einer Wasserrettung achten muss und wie man Kleinkinder im Notfall richtig versorgt. Im Workshop „Realistische Unfalldarstellung“ wurde den Teilnehmern außerdem gezeigt, wie sie täuschend echt schaurige Wunden schminken können. Am Sonntag durften die Schüler dann zeigen, was sie gelernt haben. In einer praktischen Übung wurde die Explosion eines Tonofens in einer Schule nachgestellt, bei der viele Lehrer und Schüler Brandverletzungen erlitten. Die Schulsanitäter sollten daraufhin herausfinden, welche „Patienten“ leichter und welche schwerer verletzt wurden und sie entsprechend versorgen. Am Ende der Übung wurden dann alle Hilfsmaßnahmen beurteilt und die Schüler erfuhren, ob sie im Ernstfall richtig gehandelt hätten.

Im Grundkurs werden die Schüler drei Tage lang intensiv geschult

Solche Übungen sind für die Schulsanitäter ganz wichtig. Denn im Schulalltag passiert schnell mal ein Sturz in der großen Pause oder ein Zusammenstoß beim Sportunterricht. Um in solchen und anderen Fällen eine schnelle Hilfe zu gewährleisten, hat die Johanniter-Jugend den Schulsanitätsdienst ins Leben gerufen. Die Nachwuchsorganisation des Vereins Johanniter-Unfall-Hilfe arbeitet derzeit mit rund 600 Schulen in ganz Deutschland zusammen und bildet Schüler, die Interesse haben, in Erster Hilfe aus.

Dabei werden die Schüler drei Tage lang intensiv geschult – und zwar speziell für Unfälle, die in der Schule häufig vorkommen. Dabei handelt es hauptsächlich um Sportunfälle oder kleinere Verletzungen wie Schürfwunden. „Die Schulsanitäter bekommen dann ein Handy oder einen Piepser, damit sie im Notfall schnell erreichbar und zur Stelle sind“, erklärt Werner Stahl.

In Baden-Württemberg gibt es inzwischen etwa 1200 Schulsanitäter der Johanniter-Jugend, die ihren Mitschülern und Lehrern in der Not zur Seite stehen. „Die Jugendlichen sind als Erste vor Ort, sie können direkt lebensrettende Sofortmaßnahmen ergreifen und den Rettungsdienst alarmieren“, sagt Katharina Schmid, Fachbereichsleiterin Jugend im Landesverband Baden-Württemberg. „Häufig ist das aber gar nicht nötig, sondern es geht einfach nur darum, dass sich jemand kümmert, wenn es einem Schüler schlecht geht.“

So eignen sich die jungen Ersthelfer bei ihrer Tätigkeit auch soziale Kompetenzen an und erlernen selbstständiges Handeln. Und wer später einmal im medizinischen Bereich oder als Sanitäter arbeiten will, der kann als Schulsanitäter schon mal erste Erfahrungen sammeln und die Arbeit der Lebensretter von der Pike auf kennenlernen.