Wer glaubt Tischkicker, Mädchentreff und Sozialpädagogen seien out, hat schon lange keinen Fuß mehr in ein Jugendhaus gesetzt. Auch wenn Eltern eher unwillkommen sind, ist der Nachwuchs in den Einrichtungen gut aufgehoben und das Angebot gefragt wie eh und je.
Esslingen - Es gibt eine Zeit im Leben, in der haben Erwachsene und Autoritätspersonen nichts verloren. Eltern sollen möglichst wenig wissen, von der ersten Liebe, den Problemen und heimlichen Interessen. Ein Ort, an dem pubertäre Teenager seit Jahrzehnten Zuflucht vor zu strengen Eltern oder deren Neugier suchen und finden, sind Jugendhäuser. Häufig werden sie liebevoll Juha oder Juze genannt. Dass sie nicht selten seit Jahrzehnten in ein und demselben verlebten städtischen Gebäude beheimatet sind, ist dabei nebensächlich. Denn worauf es ankommt, ist vor allem, dass man mit seinen Freunden rumhängen kann.
Von den 93 832 Menschen, die in Esslingen leben, sind genau 6328 Jugendliche zwischen 13 und 19 Jahren. Mit 6,7 Prozent bilden die Teenager einen recht überschaubaren Anteil an Esslingens Einwohnern. Doch was machen die Heranwachsenden, wenn sie nicht gerade in der Schule sitzen oder im Verein Fußball spielen? Viele verbringen ihre Freizeit in Jugendhäusern. 30 an der Zahl unterhält der Kreisjugendring (Kjr) im Landkreis Esslingen.
Lebenswelt hat sich gewandelt, die Probleme nicht
Eines, an dem wohl schon jeder Esslinger einmal vorbeigekommen ist, ist das Jugendhaus Komma. Im Herzen der Stadt, zwischen der Idylle des Wehrneckarkanals und dem Krach der viel befahrenen Maillestraße, ist es seit fast drei Jahrzehnten kulturelles Zentrum und Anlaufstelle für Jugendliche. „80 Prozent unserer Jugendlichen kommen von der Werkreal- und der Realschule“, sagt Andreas Jacobson, der das Komma seit zehn Jahren leitet. Gymnasiasten kämen kaum. „Die sind zu beschäftigt seit G8, gehen Reiten oder in den Sportverein“, sagt der Diplompädagoge. Seine Arbeit hat vor 40 Jahren in einem Jugendhaus bei Münster ihren Anfang genommen. Damals kamen die Gymnasiasten noch. „Für die hatten wir eine Teestube“, erinnert er sich.
Die Teestuben sind heute verschwunden, doch die Themen, Probleme und Angebote sind geblieben und haben sich laut Jacobson nicht sehr verändert. Freunde treffen und Billard oder Tischtennis spielen, sind gefragt wie eh und je. „Die Lebenswelt hat sich bezüglich der Neuen Medien natürlich gewandelt. Einen Teil ihrer Zeit verbringen die Jugendlichen mit ihren Handys“, sagt Jacobson. Bei Problemen oder Fragen seien die Betreuer Ansprechpartner. „Wir bieten einen geschützten Raum. Viele kommen mit ihrem Kummer, vor allem die Mädchen. Es geht um pubertäre Fragen, um Liebesdinge oder Familiäres“, weiß der Pädagoge. Doch das Angebot erstreckt sich nicht nur auf Einzelfallarbeit. Mädchen- oder Jungennachmittage mit Projektarbeiten oder Kooperationen, wie etwa mit der Rohräckerschule, gehören dazu.
Ob das Jugendhaus ein Auslaufmodell ist oder nicht beschäftigt auch den Komma-Chef. „Bei uns in den Fachkreisen wird das diskutiert“, sagt Jacobson. Er hat dazu eine klare Meinung: „Das Jugendhaus als Wärmestube ist ein Auslaufmodell. Das Jugendhaus als Ort mit Angeboten, die die Jugendlichen weiterbringen, ist kein Auslaufmodell.“
Das sagt die Sozialarbeiterin